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Elmar Traks

Elmar Traks

Glattauer, Daniel – Ewig Dein (2012)

Judith, Mitte 30, lebt in Wien, wo sie mit Leib und Seele ein von ihrem Vater geerbtes Lampengeschäft leitet. Unterstützt wird sie dabei von ihrem 16-jährigen Lehrmädchen Bianca – wobei der Leser allerdings den Eindruck gewinnt, diese zupackende Person „schmeißt“ den Laden. „Frau Chefin“ ist Single und hat nach dem letzten Beziehungs-Frust die Hoffnung auf das Gründen einer eigenen Familie schon fast aufgegeben - und eigentlich auch keine rechte Lust auf eine neue Partnerschaft. - Da fährt ihr im Supermarkt der 42-jährige Hannes mit dem Einkaufswagen in die Hacken.

Fortan taucht er immer wieder in ihrer Nähe auf und bekundet deutlich sein Interesse an ihr. Darüber ist Judith nicht unbedingt glücklich – wenn überhaupt, dann würde sie es lieber langsam angehen lassen. Aber Hannes „schleicht“ nicht nur um sie herum, sondern sich auch in ihren Freundeskreis und ihre Familie ein. Alle sind von ihm schlichtweg begeistert und gratulieren Judith zu diesem Glückstreffer; sie können deren Zurückhaltung überhaupt nicht nachvollziehen. Hannes tut doch alles für sie, ruft sie häufig an, sendet SMSs, umwirbt sie mit Blumen und Geschenken und überrascht sie sogar mit einer Reise nach Venedig. Sie ist sein Ein und Alles, er behauptet, ohne sie nicht mehr leben zu können. Sie aber erwidert seine Liebe nicht, fühlt sich im Gegenteil von seiner besitzergreifenden Art erdrückt und jeglichen Freiraums beraubt. Schließlich trennt sie sich von ihm.

 

So weit so „gut“ - aber ab hier wird es merkwürdig und zum Teil nicht nachvollziehbar:

Hannes zieht sich scheinbar zurück, beobachtet Judith aber weiterhin und hat nach wie vor Kontakt zu ihren Freunden und ihrer Familie. Alle reden auf sie ein, dass die Trennung von diesem verständnisvollen Mann ein großer Fehler war. Und was tut Judith? Obwohl die Gesamtsituation ihr Angst macht, sie nervlich extrem belastet und sie Hannes unbedingt auf Distanz halten möchte, nimmt sie immer wieder Kontakt zu ihm auf, um zu hören, wie es ihm geht. Dabei ist sie bald nur noch ein nervliches Wrack, hat vor allem nachts Angst, alleine in ihrer Wohnung zu sein, weil ihr ständig Hannes' Stimme im Schlaf erscheint und sie sich permanent belauert fühlt.

Schließlich bricht sie zusammen, muss stationär in der Psychiatrie behandelt werden und auch anschließend starke Psychopharmaka schlucken. Ihr zweiter Zusammenbruch geschieht öffentlich –  Hannes wird Zeuge. Er besucht sie im Krankenhaus, und nach ihrer Entlassung wechseln sich ihre Mutter und er mit der Pflege der Kranken in deren Wohnung ab – Judith akzeptiert diese Situation widerspruchslos.

Dank Lehrmädchen Bianca und deren Freund Basti nimmt die Geschichte ein Ende, das im Ansatz  bereits zu erahnen war.

 

Resümee: Was mir an diesem Buch sehr gut gefallen hat, ist der Wortwitz, die ironischen bis sarkastischen Beschreibungen von Personen und Situationen, die mich zu Teil sehr amüsiert haben.

Auch die Einteilung des Werkes in 15 „Phasen“ statt „Kapitel“ wird dem Inhalt gerecht, da sie vor allem Judiths schrittweisen Verfall aufzeigen.

Der Schreibstil und die Darstellung der Dialoge – minimalistisch und ohne Zeilenwechsel bei wechselndem Redner – ist gewöhnungsbedürftig und extrem lese-unfreundlich.

Am ärgerlichsten fand ich jedoch, dass vieles im Verhalten von Bekannten und Familie, vor allem aber bei Judith selbst, nicht nachvollziehbar war. Warum halten die so genannten Freunde in puncto Beziehung nicht zu Judith, obwohl sie mitbekommen, wie diese zunehmend nervlich verfällt? Warum akzeptiert nicht einer ihre Entscheidung gegen Hannes und redet mit ihm mal Klartext? Stattdessen behandeln sie sie wie eine unmündige Jugendliche. Und warum erläutert sie ihnen nicht deutlicher ihre Situation? Warum sucht sie, obwohl sie von Hannes' krankhafter Obsession weiß, immer wieder von sich aus den Kontakt und lässt später nicht nur seine Nähe zu, sondern wünscht sie sogar?

Dabei bleiben die Charaktere farblos, ohne jeden Tiefgang und sind mir außer Lehrmädchen Bianca und Freund Basti durchweg unsympathisch.

Keine Person hatte für mich Identifikations-Potenzial, mit keiner habe ich mitgefiebert.

Und die meisten Handlungsschritte und Situationen waren lange im Voraus abzusehen.

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