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Elmar Traks

Elmar Traks

Adlon, Andreas – Ausradiert: Nicht ohne meine Tochter (2012)

Mark Bornke fliegt nach Amerika, um sich in Seattle mit seiner 16-jährigen Tochter Jana zu treffen, die dort gerade ein Aus- tauschjahr bei einer Gastfamilie verlebt hat. Zusammen wollen Vater und Tochter vor dem gemeinsamen Heimflug nach Deutschland noch eine Rundreise durch Kalifornien machen. Doch Jana erwartet ihn nicht wie verabredet am Flughafen, und auch über ihr Handy bekommt er keinen Kontakt. Beunruhigt macht sich Mark schließlich auf

den Weg zu den Gasteltern, die mitten im Wald in einer Holzhütte leben.

Mrs. Pat Belamy weist ihn jedoch gleich an der Tür ab und bestreitet hart- näckig, jemals ein deutsches Mädchen aufgenommen zu haben, eine Jana Bornke kennt sie angeblich nicht.

Der besorgte Vater erstattet bei der Polizei Vermisstenanzeige, merkt jedoch nur zu deutlich, dass der Dorf-Sheriff ihm nicht glaubt – ihm ist nicht bekannt, dass bei den Belamy's eine deutsche Austauschschülerin gewohnt habe.

Frustriert verlässt Mark die Polizeistation und glaubt, auf der Straße seine Tochter zu erkennen. Durch eine Berührung an der Schulter veranlasst er sie zum Stehenbleiben - und blickt in das Gesicht einer fremden Person.

Wenig später lockt der Sheriff ihn aus dem Hotel unter dem Vorwand, man habe Jana in einem Krankenhaus ausfindig gemacht. Dort angekommen, stürzen sich im Arztzimmer jedoch plötzlich Pfleger auf den Vater, betäuben und verfrachten ihn in einen spartanisch eingerichteten Raum. Beim Auf- wachen erkennt er, dass er im Irrenhaus gelandet ist - weil man ihm unter- stellt, dass er bzgl. seiner angeblichen Tochter phantasiert und die Jugend- liche, in der er Jana zu erkennen glaubte, ihn wegen sexueller Belästigung angezeigt hat.

Die Pflegerin Kati Prescout jedoch hält den Patienten für normal, verhilft

ihm zur Flucht aus der Anstalt und fährt mit ihm auf die kanadische Insel Vancouver Island. Sie hat nämlich herausgefunden, dass Jana sich dort

mit ihrem Freund Gary aufhält.

Dieser hat, wie der Leser in der Parallelhandlung um die beiden jungen Leute erfährt, die Deutsche unter dem Vorwand, ihr Vater komme erst 3 Wochen später, zu einem romantischen Urlaub in seiner Blockhütte über- redet. Doch die Ferien verlaufen völlig anders als von Jana erhofft, da Gary sich als gefährlicher Psychopath entpuppt.

Können ihr Vater und Kati sie noch rechtzeitig aus seinen Fängen befreien?

Resümee: Ein merkwürdiges Buch! Nicht nur, dass der erste Teil des Titels identisch ist mit einem im Jahr 2010 erschienenen Thriller von Peter Abra- hams und der zweite mit dem 1987 als Buch veröffentlichten und 1991 ver- filmten Bestseller von Betty Mahmoody. Marketing-Trick, Zufall …?

 

Nein, die Handlung strotzt zudem geradezu vor Merkwürdigkeiten:

>   Da informiert Mark Bornke telefonisch seine Ex-Frau, Janas Mutter, dass die gemeinsame Tochter wie vom Erdboden verschluckt ist – und diese bleibt seelenruhig im fernen Deutschland, erkundigt sich nicht einmal nach dem aktuellen Stand, meldet sich nicht ein einziges Mal.

>   Ein Dorf-Sheriff lockt den Vater unter einem Vorwand aus dem Hotel, fährt mit ihm in die Psychiatrie, wo er überfallartig in Gewahrsam genommen wird. Nicht nur, dass das mindestens Freiheitsberaubung und Körperverletzung sind und diese Vorgehensweise auch in den USA nicht legal ist. Nein, warum schalten Mark oder die so bemühte Pflegerin nicht die Botschaft ein und be- mühen sich um einen Rechtsbeistand?

>   Bei dem überaus großen Engagement von Kati Prescout für den ihr völlig fremden Mann, bei dem sie selbst nicht nur ihre Anstellung, sondern Kopf und Kragen riskiert, habe ich immer auf den großen Knall gewartet, dass mit ihr „etwas faul“ ist. Aber es handelte sich offensichtlich wirklich nur um eine (pathologisch?) übersteigerte Form von Altruismus.

>   Der aus der Klinik geflüchtete Mark erkundet die Wohnung seiner Wohl- täterin, entdeckt dort u.a. Hochbetten. Doch wo sind die dazugehörigen Kinder? Das erfährt man bis zum Schluss nicht, wie so vieles andere auch angedeutet wird, dann aber „versandet“.

 

Die Charaktere bleiben farblos und ohne Hintergrund; sie erhalten keine Tiefe.

Mit Ausdruck und Satzbau verhält es sich ähnlich: Beides ist wenig ausge- feilt, zum Teil unbeholfen und holperig.

Die dem Buch zugrunde liegende Idee – ein Mensch verschwindet spurlos, sein Leben ist wie „ausradiert“ - fand ich interessant. Leider wurde sie nicht umgesetzt: Der Leser erfährt  bereits im 2. Kapitel, auf Seite 15, dass Jana lebt und wo sie sich mit wem und warum zur Zeit aufhält; ihr Vater ahnt es dank Katis Recherchen nach 1/4 des Buches, nach ca. 1/3 wird es zur Ge- wissheit – Jana ist wieder „auf dem Radar“.

Dadurch, dass die Parallelhandlung den Verlauf des Zusammenseins von Jana und Gary schildert, ist der Leser ständig auf dem Laufenden – Span- nung entsteht kaum, das meiste ist vorhersehbar. Ein paar inhaltliche Schlenker bewirken auch keine Dramatik, da sie die beiden Handlungs- stränge nicht aufeinander zu treiben, sondern meist eher auseinander

driften lassen.

Ein Thriller? Keineswegs. Ein Krimi? Vielleicht.

Bestenfalls als Jugendbuch ganz o.k.


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