Der Autor ist bekannt durch seine Live-Talksendung „Domian“ im WDR / 1live, in der er seit vielen Jahren Telefonseelsorge betreibt.
Dieses Buch handelt davon, dass sein Protagonist Arne Stahl, nachdem er vom Blitz getroffen wurde, die Gedanken seiner Mitmenschen hört und mittels einer „Farb-Übermittlung“ ihre emotionale Verfassung erkennt.
Auf diese Weise erfährt er, was seine Frau, mit der er seit 14 Jahren eine seiner Meinung nach liebevolle und harmonische Ehe führt, wirklich über ihn denkt: Sie ist mit ihm und ihrem gemeinsamen Leben keineswegs so glücklich wie sie vorgibt. Mehr noch, sie hat ihren Mann nie geliebt oder begehrt, sondern denkt permanent an ihren Verflossenen Max. Arne veranlasst auf Grund dieser Erkenntnisse die Scheidung.
Auch die im Allgemeinen höflichen Äußerungen der Arbeitskollegen und seines Chefs decken sich selten mit ihren abschätzigen Gedanken über Arne.
Sein ehemals bester Freund, mit dem er nach langer Zeit wieder Kontakt aufnimmt, ist in der Zwischenzeit wegen eines kriminellen Delikts verurteilt worden, denkt zwar bei ihrem Treffen daran, redet jedoch nicht darüber.
Und so weiter, Domian liefert viele Einzel-Beispiele, in denen die „Falschheit“ seiner Mitmenschen Arne zu schaffen macht.
Er kündigt schließlich aus Angst vor weiteren Enttäuschungen seine Arbeitsstelle und flüchtet in die finnische Einsamkeit. Dort trifft er nach etwa 1 ¼ Jahren einen Mann, der es absolut ehrlich meint und der Arne „wie einen Bruder“ tief und wahrhaftig liebt. In der Konsequenz verliert Arne den Fluch der „Stimme“ und kann fortan unbelastet leben.
Der erste Teil des Buches hat mich wütend gemacht: Was für eine tolle Idee und wie banal und langweilig umgesetzt!?
Ist es nicht absolut normal, dass wir unseren Mitmenschen (und auch dem Partner) gegenüber nicht alle unsere – vor allem negativen – Gedanken mitteilen, dass wir sie oft verschweigen, solange es um nichts Grundsätzliches geht? Muss man sein Gegenüber wegen unwichtiger Dinge um den Preis der Ehrlichkeit unnötig verletzen?
Haben wir nicht alle schon 'mal wütend gedacht „den / die könnte ich …..!“, es aber natürlich nicht geäußert, sondern gute Miene zum bösen Spiel gemacht?
Gebieten es nicht gesellschaftliche Konventionen, Umgangsformen und letztlich der Respekt gegenüber anderen, sich in bestimmten Situationen freundlich oder zumindest neutral zu verhalten, auch wenn's manchmal schwerfällt?
Ist es nicht allzu verständlich, dass wir anderen gegenüber unsere unrühmlichen Taten verschweigen?
Schweifen wir nicht oft mit den Gedanken zu unseren Alltagsproblemen ab, während wir scheinbar einer (für uns uninteressanten) Geschichte unseres Gegenübers lauschen?
Arne Stahl lässt diese Haltung seiner Umwelt verzweifeln und stürzt ihn in eine tiefe Krise.
Ihm fehlt hier jegliche Selbstreflexion: Wenn er die Probleme, die er mit seinen Mitmenschen hat, nicht thematisiert, sondern ihnen gegenüber tut, als sei alles in Ordnung, verhält er sich keinen Deut besser. Nie benutzt er seine Fähigkeit zu seinem Vorteil, nie gibt er Contra, immer schweigt er.
Resümee: Immerhin, der zweite Teil, in der totalen Einsamkeit, ohne „die Stimme“, gefiel mir besser: Hier hängt Arne seinen Gedanken und Beobachtungen nach, reflektiert im wahrsten Sinne des Wortes über Gott und die Welt und stellt einige durchaus interessante Überlegungen an.
Der Schluss allerdings – schwülstig, kitschig, märchenhaft: „Nur die (platonische) Liebe zählt“, sie überwindet alles!
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