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Elmar Traks

Elmar Traks

Berger, Nora – Bratkartoffeln und Rote Beete (2009)

Dieses Buch schildert den Kriegswinter 1944/45 an der Ostfront aus Sicht des Soldaten Cornelius, genannt Conny, und der Rot-Kreuz-Schwester Emilia, genannt Emmi - den Eltern der Autorin. Es basiert auf Tonbandaufzeichnungen und Erzählungen der beiden.

Conny und Emmi lernen sich in der Gastwirtschaft Pelzer in Kulm – dem heutigen Pidgirne in der Ukraine – kennen, die für ihre Bratkartoffel-Va- riationen berühmt ist. Der junge Soldat mag sie besonders gerne mit Roter Beete und lädt die am gleichen Tisch sitzende Emilia dazu ein. Beide ver- lieben sich ineinander, werden aber durch die Erfordernisse des Krieges schon kurz darauf wieder getrennt: Conny muss an die Ostfront, Emilia sich um Kranke und Schwerverletzte kümmern und Flüchtlingstrecks begleiten.

Dem jungen Mann ist es jedoch unter Lebensgefahr noch gelungen, seiner geliebten Emilia einen Brief zu hinterlegen, in dem er ihr seine Liebe gesteht und den Herzenswunsch äußerst, sich zusammen mit ihr nach Kriegsende ein neues Leben aufzubauen; er gibt als Kontakt seine Heimatadresse in Düsseldorf an.

Für beide ist die Zeit bis Kriegsende ein einziger harter Überlebenskampf.

So manches Mal gibt nur der Gedanke an den anderen ihnen noch Kraft

und Überlebensmut. Die Liebe und der Wille, einander unbedingt wieder- zusehen, hält sie aufrecht, lässt sie Entbehrungen, Kälte, übermenschliche Anstrengungen und ständige Lebensgefahr überstehen.

Emmi verliert während dieser Zeit erst die Mutter, dann den Vater, Conny sieht etliche seiner Kameraden auf dem Kriegsfeld sterben. Doch wie durch ein Wunder finden sie bei Kriegsende zueinander, und auch Emmis über- lebende kleine Schwester bekommt bei ihnen ein Zuhause.

Resümee: Um es vorweg zu nehmen: Dieses Buch ist sprachlich ein Hochgenuss! Eine bildhafte und zugleich präzise Sprache schildert die Gedanken und Gefühle der Hauptpersonen ebenso eindrucksvoll wie das jeweilige Geschehen. Als Leser hat man stets (!) den Eindruck als Beob- achter am Rande des Kriegs-Schauplatzes dabei zu sein. Das macht das Buch zu keiner leicht verdaulichen Lektüre – obwohl durch meine eigenen Eltern über Krieg und Flucht in ähnlicher Weise wie die Autorin informiert, musste ich immer wieder eine Lesepause einlegen, um die Schrecken zu verdauen.

Da geht es unter anderem um

• das unaufhaltsame Näherrücken der Ostfront, das  Zusammenrücken der

  feindlichen Frontlinien,

• die Vertreibung aus der Heimat, meist nur mit dem, was man am Körper

  trägt,

• die Zerstörung von Städten, Höfen, Brücken, Eisenbahnlinien, überhaupt

  der gesamten Infrastruktur,

• ständige Lebensgefahr für Soldaten und Zivilisten durch das Kriegs-

  geschehen und eine unübersichtliche Gesamtlage,

• Hunger, Kälte, Schnee, Schwerstverwundete, Kranke und Tod,

  Verzweiflung,

• Mangel an allem: Kleidung, Essen, Trinken, Medikamente, Verbandszeug,

  Personal, Ausstattung,

• Leichen von Zivilisten, seien es Männer, Frauen, Kinder oder Jugendliche,

  die nicht begraben  werden können und schweren Herzens am Wegesrand

  abgelegt werden müssen.

Aber bei aller Grausamkeit gibt es auch viel Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft von wildfremden Leuten, die im wahrsten Sinne des Wortes ihr „letztes Hemd“ für Notleidende geben.

 

Immer wieder stellt Nora Berger auf der einen Seite die absolute Sinnlosig-

keit und Aussichtslosigkeit des Kampfes heraus, den die deutsche Armee

auf Grund immenser Verluste, körperlich und mental desolater Verfassung

der Soldaten und Materialunterlegenheit gegenüber der russischen Armee gar nicht gewinnen kann. Auf der anderen Seite aber steht Hitler, der nicht bereit ist, seine phantastische Vorstellung von der Beherrschung der Welt durch die arische Rasse aufzugeben. Stattdessen erteilt er weiterhin sinn- lose Befehle, ohne auf seine Feldmarschälle zu hören, die sich immer öfter trauen, ihm gegenüber eine eigene Meinung zu äußern.

 

Eine Lektüre, basierend auf den Erfahrungen zweier Menschen, die die Schrecken des Krieges dank eines starken Überlebenswillens, basierend

auf dem Gedanken an eine gemeinsame Zukunft in Friedenszeiten, über- standen haben. Ein sehr persönliches und bewegendes Buch.

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Kommentare: 1
  • #1

    Nora Berger (Freitag, 30 August 2013 11:25)

    (Freitag, 30 August 2013 11:23)


    Liebe Annette,
    ich bin überrascht und zugleich begeistert von Deiner Rezension über mein Buch "Bratkartoffeln und Rote Beete". Du gehst nicht oberflächlich über das Thema hinweg, sondern hast Dich wirklich ernsthaft damit auseinandergesetzt. Ich mag den objektiven, aber trotzdm einfühlsamen Stil sehr, mit dem Du schreibst und ich möchte mich ganz herzlich bei Dir bedanken. Ich glaube, Du hast gemerkt, dass ganz viel Herzblut in diesem Buch steckt! Ganz liebe Grüße sendet Dir
    Nora Berger