_______________________

 

Webmaster u.v.a.m.

Elmar Traks

Elmar Traks

Hill, Antonio – Der Sommer der toten Puppen (2012)

Schauplatz dieses Krimis ist Barcelona:

Gegen Inspektor Héctor Salgado laufen interne Ermittlungen, weil der engagierte Polizist einen als Arzt getarnten Mädchenhändler brutal zusammengeschlagen hat. Um ihn eine Weile aus der Schusslinie von Presse und Öffentlichkeit zu nehmen, ist er vom Dienst suspendiert und zum Zwangsurlaub in seine Heimat Argentinien geschickt worden. Von dort zurückkehrt, soll er sich nun halboffiziell um den vermeint- lichen Unfalltod des 19-jährigen Marc kümmern: Der Sohn aus einer ange- sehenen Familie hatte in der Johannisnacht zu Hause mit seinen Freunden Gina und Aleix gefeiert und war zu später Stunde aus dem Fenster der Dachkammer gestürzt. 

Daher konzentrieren sich die Recherchen von Héctor Salgado und Leire Castro zunächst auf Gina und Aleix. Doch je mehr sie über die drei Jugend- lichen und ihre Familien erfahren, desto rätselhafter werden die Umstände von Marc's Tod. An einen Unfall glauben die Polizisten bald nicht mehr.

Die Ermittlungen nehmen immer größere Dimensionen an, und schließlich gibt es noch weitere Tote sowie Übergriffe in Salgados Umfeld.

Der Leser ahnt auf Grund von Rückblenden peu à peu, dass es eine Ver- bindung zu dem 13 Jahre zurückliegenden Tod der damals 12-jährigen Iris geben könnte: Sie und Marc hatten seinerzeit die Sommerferien in einem Ferienlager verbracht, das sein Onkel leitete.

Resümee: Auch für diesen Krimi gilt das Motto „jede Familie hat ihre Leiche im Keller“. Damit sie auch dort bleibt, wird die Angelegenheit innerhalb der Familie im wahrsten Sinne totgeschwiegen und nach außen eine schöne Fassade konstruiert.

Dem Leser werden von Zeit zu Zeit Informations-Häppchen hingeworfen und gelegentliche Cliffhanger am Kapitelende sollen für Spannung sorgen.Vieles bleibt zunächst im (Halb-) Dunkel, wird nur angedeutet und die Rückblenden in Marc's Kindheit lassen einen vagen Verdacht aufkommen. Grundlage für die endgültige Klärung des Falles bildet erst gegen Ende des Buches ein von Iris vor ihrem Tod geschriebener Brief, den ihre Schwester gefunden hat.

Es könnte also ein sehr spannendes Buch sein. Leider hat es mich jedoch nicht mitgerissen:

 

• Es geht im Grunde um 4 Familien: die der 3 Jugendlichen und in einem Nebenstrang um die des von Frau und Sohn getrennt lebenden Inspektors Salgado. Außerdem rankt sich ein weiterer Plot um den von ihm zusammen- geschlagenen „Arzt“ Omar. Es ist somit von unendlich vielen Personen die Rede, die es nach einer Lesepause immer wieder neu zuzuordnen gilt.

 

• Bei dieser Überfrachtung an Protagonisten ist es nur natürlich, dass der Autor bei ihrer Charakterisierung nicht in die Tiefe gehen kann. Konsequenz: Mir sind die Akteure durchweg fremd geblieben, zu keinem konnte ich eine wie auch immer geartete Beziehung aufbauen.

 

• Zudem nahm das Privatleben der beiden Ermittler sehr viel Raum ein: einerseits sympathisch, wenn sie mit ihren menschlichen Schwächen und privaten Problemen dargestellt werden, andererseits drängte das oft den eigentlichen Fall aus dem Blick, hemmte den Handlungsfluss und machte den Wiedereinstieg aus oben genannten Gründen schwierig.

 

Kurz: Das Buch ist viel zu vollgepackt, sodass ich mich manchmal wie

im Dschungel fühlte, nicht wusste, in welche Richtung ich schauen sollte,

wo die Lösung zu suchen / zu finden sein könnte: in der Gegenwart, in der Vergangenheit? In welcher Familie? Oder war es am Ende doch „nur“ ein Unglücksfall?

Und nachdem ich mich dann streckenweise wirklich durchgequält hatte,

war die Lösung einerseits sehr einfach, andererseits in Teilen aber abrupt konstruiert (vielleicht, um schnell zum Ende zu kommen?) – mit einem Wort: eigenartig.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0