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Elmar Traks

Elmar Traks

Pellissier, Marie – Die tödliche Tugend der Madame Blandel (2014)

Schon seit über 40 Jahren ist Lucie Ferreira Gardienne in einem Haus am vornehmen Pariser Place des Vosges. Engagiert putzt und pflegt sie das Gebäude, verteilt die Post, interessiert sich für das Wohl der Bewohner und verdient sich ein Zubrot, indem sie bei Bedarf auch gerne deren Wäsche macht. Alle schätzen Lucie, die gute Seele des Hauses, sehr – bis auf die junge Vanessa Blandel, die sie sehr von oben herab behandelt. Einst Auszubildende, dann Angestellte in der Apotheke der ehrwürdigen Georgette Blandel, ist es ihr gelungen, deren Sohn Justinien in die Ehe zu locken. Diese kriselte jedoch von Anfang an

und für die Zukunft verfolgen beide Partner ihre eigenen Pläne.

Als Lucie eines Tages Wäsche zu Vanessa Blandel zurückbringen will, öffnet diese nicht die Tür. Doch die Gardienne besitzt ja einen Zweitschlüssel! Wie sie die Wohnung vorfindet, behagt der ordnungsliebenden Frau jedoch gar nicht: Das zerwühlte Bett, die leere Flasche Champagner und zwei schmutzi- ge Gläser lassen für sie nur den Schluss zu, dass Vanessa Blandel sich mal wieder mit einem Liebhaber vergnügt hat. Das muss der Gatte nicht erfah- ren, und so räumt Lucie erst einmal gründlich auf!

Doch Vanessa Blandel kehrt nicht nach Hause zurück, sondern wird wenig später tot aus der Seine geborgen – ermordet. Kommissar Legrand ermittelt mit seiner Assistentin Aurélie und befragt natürlich auch Lucie. Diese ahnt, dass sie mit ihrer Aufräum-Aktion in der Wohnung der Blandel's höchstwahr- scheinlich wichtige Spuren beseitigt hat und selbst in Tatverdacht geraten könnte, wenn sie dies zugibt.

Nein, es gilt, den Kommissar nach Kräften abzulenken und sich selbst auf

die Jagd nach dem Mörder zu begeben; denn dass der gefunden und be- straft werden muss, das ist klar. Gewitzt macht sich die Hobby-Detektivin auch Ermittlungs-Resultate der Polizei zunutze und gewinnt nach und nach erstaunliche Erkenntnisse. Am Ende zieht sie aus einem wichtigen Detail die richtige Schlussfolgerung, zählt eins und eins zusammen und kommt dem Mörder gefährlich nahe.

Resümee: Ich habe diesen ersten Kriminalroman der Autorin mit großem Vergnügen gelesen und die engagierte, gewitzte Lucie sofort in mein Herz geschlossen. Man fiebert mit ihr und erlebt zusammen viele spannende Si- tuationen. Dabei musste ich oft über ihr pfiffiges und sehr pragmatisches Vorgehen schmunzeln. Stellenweise erinnerte sie mich sehr an Miss Marple. Mit gesundem Menschenverstand und guter Kombinationsgabe ausgestattet, wünscht man ihr nichts mehr, als dass sie selbst ungeschoren aus dem Fall herauskommt und der Polizei den Mörder präsentieren kann.

Im Laufe des Geschehens geraten etliche Verdächtige in den Fokus – kein Wunder, denn wirklich beliebt war Vanessa Blandel bei niemandem und keiner ist traurig, dass sie aus seinem Leben verschwunden ist (außer viel- leicht Tochter Julie, aber die befindet sich zur Zeit in England).

Zum Schluss nimmt die Spannung noch ordentlich zu: Es kommt zum Show- down, bei dem man wirklich Angst um die engagierte Lucie haben muss.

Sehr gut gefallen hat mir auch, dass der Leser im Rahmen der Ermittlungen einiges über das Pariser Marais-Viertel und das Quartier Latin erfährt. Ver- stärkt wird das Atmosphärische durch die gelegentlich eingestreuten fran- zösischen Ausdrücke und Kurzsätze, deren Bedeutung sich auch bei nicht vorhandenen Sprachkenntnissen aus dem Zusammenhang erschließt.

Schade war einzig und allein, dass schon recht früh – und, wie ich fand, mit dem Holzhammer - ein Hinweis gegeben wurde, durch den man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf Vanessa Blandel's Todesart schließen konnte. Und das grenzte dann für mich den Kreis der möglichen Täter ein wenig ein.

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