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Elmar Traks

Elmar Traks

Von Selfies, Belfies und Shelfies bis hin zur Selfitis

Als jemand, der sich sowieso schon nicht gerne fotografieren lässt und erst recht nie und nimmer auf die Idee käme, ein Selbstporträt von sich zu schie- ßen, frage ich mich um so mehr, was Leute dazu drängt, dies zu tun und die Bilder dann in öffentlichen Netzwerken zu posten.

Wobei es auch „Gruppenselfies“ gibt, die den Fotografierenden zusammen mit anderen Personen zeigen.

 

Vielleicht liegt der Reiz schlicht und einfach darin, dass sie so leicht herzu- stellen sind: Einfach die Digitalkamera oder das Smartphone auf Armeslänge vor sich halten, auf den Auslöser drücken und schon muss man nicht mehr in den Spiegel blicken, um sich ins Gesicht schauen zu können.

 

Apropos Spiegel: Ihn kann man natürlich auch zur Hilfe nehmen, um sich ein (Selbst-) Bildnis zu machen – obwohl man das ja nicht soll, aber das ist ein anderes Thema!

Manche Fotos sind ja durchaus nett anzusehen – übrigens stellen meist Mädchen und junge Frauen ihre Porträts online. Ich kann mir vorstellen, dass sie dies tun, um vom Adressaten eine Bestätigung ihrer Attraktivität

zu erhalten. Geschieht das Posten hier aus einem Mangel an Selbst- bewusstsein / Selbstwertgefühl?

 

Andere wiederum lichten sich mit irgendwelchen Grimassen ab oder posten betont unattraktive Fotos. Das soll dann offensichtlich witzig sein, der Be- treffende will damit wohl seinen Humor demonstrieren. Dient das Selfie in solchen Fällen dazu, ein bestimmtes Image von sich zu kreiieren?

 

Oder will man einen (realen oder subjektiven) Mangel an Aufmerksamkeit kompensieren, sich ins Bewusstsein der anderen schieben, nach dem Motto: Hey, lange nicht kontaktet; nehmt mich wahr, sprecht zu mir!?

Die Insel Sylt hat die Selfie-Mania aufgegriffen und an verschiedenen Stellen auf Straßen und Wegen „Selfie-Points“ markiert – den Sternen des Walk of Fame in Hollywood nachempfunden: Stellt man sich z.B. beim Ortschild von Kampen darauf und schießt ein Bild von sich, dann kann man relativ sicher sein, den ein oder anderen neidischen Kommentar zu ernten:

 

https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10152387327970027&set=pcb.10152387328155027&type=1&theater

oder

https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10152387327885027&set=a.10152389518685027.

1073741838.178534005026&type=1&theater

Ich weiß es natürlich nicht, welches die konkrete Motivation der einzelnen „Selfisten“ ist, in jedem Fall stellt das gepostete Selbstbild jedoch ein pro- bates Mittel dar, Reaktionen anderer hervorzurufen, also Kontakte herbeizuführen – ein bisschen, als würde man sich persönlich über den Weg laufen.

 

Aber vielleicht will man ja auch einfach wirklich nur seinen Spaß haben und andere daran teilhaben lassen?!

 

Eine besondere Form von Selfies sind erotische oder Nacktbilder von sich.

Eine Untergattung stellen hier die Belfies dar: Die manchmal unter ziem- lichen Verrenkungen aufgenommenen Selbst-Aufnahmen des mehr oder weniger blanken und knackigen Allerwertesten (das „B“ steht hier für „butt“, engl. „Hintern“). Die BILD-Zeitung titelte am 28.04.2014 „Dieser Trend ist für den A...“.

Er kann wohl schon als eine Form von Exhibitionismus betrachtet werden.

 

Neuerdings machen die Shelfies von sich reden: Fotos von Bücherregalen (Regal = engl. shelf) – mit oder ohne den davor posenden Besitzer – ich vermute, das hängt davon ab, wie kompatibel die Attraktivität beider ist. Hier möchte man seine Begeisterung für die Bibliothek sicher mit anderen teilen und ein entsprechendes „Wow“ hören.

 

Geschieht das Online-Stellen von Selbstporträts mehr als 3 x pro Tag, spricht man von Selfitis, dem zwanghaften Drang, von sich Fotos zu

machen und in sozialen Netzwerken zu posten. Laut der American Psychological Association ist das Motiv in diesem Fall, einen Mangel

an Selbstbewusstsein und fehlende menschliche Nähe zu kompensieren.

 

Übrigens wählte das Oxford English Dictionary „Selfie“ zum Wort des Jahres 2013.

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