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Elmar Traks

Elmar Traks

Münzer, Hanni – Honigtot (2014)

Das Buch beginnt kurz nach dem Tod von Felicity's Großmutter Maria, die zuletzt in einer Pflege-Einrichtung in Seattle gelebt hat. Deren Tochter Martha verlässt eines Tages ihr Haus, um das Zimmer im Heim zu räumen, kehrt aber nicht wieder zurück. Im Pflegeheim erfährt die besorgte Felicity, dass ihre Mutter es nach nur kurzem Aufenthalt fluchtartig wieder verlassen habe. Nachforschungen er-geben, dass sie offensichtlich überstürzt in den nächsten Flieger nach Rom gestiegen ist. Felicity folgt ihr sofort dorthin und macht Martha in einem Hotel ausfindig, wo sie völlig verstört inmitten von Papierfetzen auf dem Bett hockt. Auch das ganze übrige Zimmer ist übersät mit Zeitungsartikeln und Papier-schnipseln, die zum Teil in hebräischer Schrift verfasst sind. Ein Pater kann die wiederhergestellen Dokumente übersetzen: Es sind in Romanform ver-fasste Lebenserinnerungen Marias, die nach dem Krieg einige Zeit in Rom gelebt hatte.

Sie beginnen 1923 in München, kurz nach der Heirat der jungen, sehr er-folgreichen, aber recht lebensfremden Sängerin Elisabeth Malpran mit dem jüdischen Arzt Gustav Berchinger.

Ein Jahr später wird Tochter Deborah geboren, ihr folgt Sohn Wolfgang.

Je mehr die Nationalsozialisten unter Hitler an Einfluss und Macht gewinnen, um so gefährlicher wird das Leben für die Familie, insbesondere für den jüdischen Vater und die Kinder, die als Halbjuden gelten. Daher plant man schließlich schweren Herzens die Flucht ins Ausland – aus Sicherheits-gründen getrennt. D.h. Elisabeth soll mit den Kindern direkt nach London reisen, Gustav den Weg über Zürich nehmen. Doch er kommt dort nie an, niemand weiß angeblich etwas über seinen Verbleib.


In ihrer Verzweiflung reist Elisabeth direkt nach Berlin, wo sie sich die Be-wunderung der Nazi-Größen für sie, die gefeierte Künstlerin, zunutze macht und um ihren Mann kämpft. Doch dieser bleibt verschollen, mehr noch: Während ihrer Abwesenheit geraten zuhause in München ihre Kinder in die Hände der SS-Schergen und die Wohnung wird verwüstet.

Elisabeth entwickelt sich immer mehr vom naiven Frauchen zu einer kämpfe-rischen Frau. Unterstützung erhält sie – scheinbar – von Obersturmbann-führer Albrecht Brunnmann, den sie 2 Jahre nach Gustav's Verschwinden heiratet. Ihrerseits handelt es sich um eine Vernunftehe, denn sie betrachtet ihn als Lebensversicherung für Deborah und Wolfgang, die er ihr zuliebe schon ein paarmal aus den Fängen der Nazis gerettet hat.


Mit 41 Jahren stirbt die geschwächte und des Kampfes müde Elisabeth und die 17-jährige Deborah übernimmt fortan die Verantwortung für ihren kleinen Bruder. Doch Stiefvater und Obersturmbannführer Albrecht Brunnmann hat eigene Pläne mit ihr:

Er nimmt sie mit auf Dienstreisen, wickelt sie mit Charme und Luxus ein und macht sie zu seiner leidenschaftlichen Geliebten.

Aber der jungen, intelligenten und scharf beobachtenden jungen Frau blei-ben bei allem Glanz, der sie umgibt, nicht das Elend der Juden und die Ideo-logie der Nazis verborgen. Sie erkennt, dass ihr Geliebter großen Anteil an der Judenverfolgung und Einfluss an höchster Stelle haben muss.


Während eines Aufenthalts in Krakau freundet sie sich mit der anscheinend kapriziösen und immer fröhlichen Marlene an, der Geliebten eines Nazi-Offiziers.

Als diese sich als Widerstandskämpferin zu erkennen gibt, schließt Deborah sich ihr an. Innerlich distanziert sie sich immer mehr von Albrecht Brunn-mann, beginnt sogar, ihn zu hassen. Doch aus taktischen Gründen muss sie weiterhin die hingebungsvolle Geliebte spielen, denn er ist für die Arbeit der Widerstandsgruppe unentbehrlich: Deborah und Marlene müssen an wich-tige Papiere und Dokumente gelangen, in deren Besitz er ist - ein lebens-gefährliches Unternehmen, das nicht ohne Leid, schwere Folter und Tote abgeht.


Als Deborah um des eigenen Überlebens willen schließlich nichts anderes übrig bleibt als zu fliehen, ist sie schwanger.


Der Schluss des Buches knüpft im Sinne einer Rahmenhandlung wieder an den Anfang an und spielt erneut in der Gegenwart in Rom.


Resümee: Dieses Buch ist mir von einer Bekannten wärmstens empfohlen worden, die sehr wohl weiß, dass meine liebsten Genres Krimis und Thriller sind. Darum handelt es sich hier nicht – wenngleich es aber nahezu durch-gehend so spannend war, dass ich es nicht aus der Hand legen mochte.


Eine über 2 Generationen gehende Familiengeschichte ist in eine historisch exakt wiedergegebene Rahmenhandlung eingebettet, sodass der Leser die Zeit der Nationalsozialisten unter Hitler von 1923 bis zum Ende der zweiten Weltkrieges erst primär aus Elisabeth's und dann aus Sicht ihrer Tochter Deborah erlebt.

Das bedeutet, dass der Roman nicht nur ausgesprochen unterhaltsam und spannend, sondern auch eine „Geschichtsstunde“ ist. Es kann dabei natürlich nicht ausbleiben, dass vieles, den fürchterlichen Umständen ent-sprechend, auch sehr bedrückend wirkt und emotional aufrüttelt.

Aber der Autorin ist hier ein meisterliches „Mischungsverhältnis“ gelungen, das der jeweiligen Situation immer angemessen ist, und den Leser in den Bann zieht. Er erlebt ein Wechselbad der Gefühle, das ihn am Schluss einer-seits bestens unterhalten, andererseits sehr nachdenklich zurücklässt.


Die Charaktere sind allesamt scharf gezeichnet. Besonders sowohl Elisabeth als auch Deborah und später Marlene, sind in nahezu jeder Lebenslage Sympathie-Trägerinnen mit hohem Identifikationspotenzial.

Dabei sind die politischen Figuren zwar fiktiv, zum Teil jedoch real existie-renden gemäß der herrschenden Ideologie nachempfunden.


In ihren Nachbemerkungen erläutert Hanni Münzer den

Buchtitel „Honigtot“:

Honig, der Trank der Götter, wird auch „Met“ genannt.

Hebräisch bedeutet „Met(h)“ „tot“.


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Kommentare: 1
  • #1

    Hanni Münzer (Mittwoch, 03 September 2014 20:43)

    Liebe Annette,

    als ich Ihre Mail mit der Ankündigung erhielt, den Link zu Ihrer Rezension anzuklicken, gebe ich zu, hatte ich Herzklopfen! Vielen lieben Dank für Ihre wunderbare Buchrezension! Das ist so eine schöne Zusammenfassung meiner Geschichte. Ich bin begeistert, mit welcher Ausführlichkeit und Tiefe Sie sich meinem Werk gewidmet haben. Ich freue mich gerade wie ein Kind darüber. Danke, danke, danke - auch an Ihre Freundin, die Ihnen mein Buch empfohlen hat. Und ja, ich bin auf FB die Hanni Münzer, die bei Sixt gearbeitet hat:-) Ich muss dringend meine FB-Seite auf "Autorin" umstellen. Danke für den Tipp!
    Herzlichst, Ihre Hanni M.