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Elmar Traks

Elmar Traks

Ruge, Eugen – Cabo de Gata (2013)

Der in Berlin lebende Erzähler, ein Mann „in den besten Jahren“, realisiert eines Morgens, wie überdrüssig er der

immer gleichen Tagesroutine ist. Er fühlt sich in einer enervierenden Tretmühle gefangen, aus der er sich aber

nicht befreien kann. Ohne lange zu zögern, zieht er die Reißleine, kündigt Job, Wohnung und ein paar andere Verpflichtungen, entledigt sich eines Gutteils seines Besitzes, sagt der Ex-Partnerin Lebewohl und setzt sich,

nur mit einem Rucksack als Gepäck, in einen Zug gen Süden.

Ein festes Ziel hat er nicht, gelangt nach einem Aufenthalt im hektischen Barcelona schließlich eher durch Zufall in das andalusische Fischer-Dörfchen Cabo de Gata in der Provinz Almería. Dort mietet er bei einer Witwe ein spartanisch eingerichtetes Zimmer über ihrem Restaurant, wo

er insgesamt 123 Tage bleibt.


Er spricht kein Spanisch, die Einheimischen keine Fremdsprache. So be-schränken sich die Kontakte zu ihnen und den wenigen Durchreisenden auf ein Minimum; Namen sind dabei unwichtig.

Obgleich – oder gerade weil? - auch die Aktivitäten begrenzt sind, entwickelt sich auch hier bald eine feste Tagesroutine. Und nicht nur das: Er liest immer dieselbe Zeitung und dasselbe Buch, geht immer gleiche Wege und auch sein Essen bietet kaum Variationen.

Dies alles wird jedoch nicht von einem mit Stress und Zwang verbundenen „Müssen“, sondern bar jeder Verpflichtung vom freiwilligen „Wollen“ und einer ruhigen Gelassenheit bestimmt.


Diese absolute Unverbindlichkeit hört peu à peu auf, als eines Tages eine Katze vorsichtig Kontakt zu dem Erzähler aufnimmt. Beide nähern sich sehr langsam und vorsichtig einander an, und schließlich übernimmt der Mensch Verantwortung für das Tier.

Eines Tages jedoch wehrt sich die schwangere Katze gegen ein Zuviel an Fürsorge und verschwindet für immer. Bald darauf bricht der Erzähler seine Zelte in Cabo de Gata ab.


Der „Clou“ des Buches besteht darin, dass die Handlung nicht in der Gegenwart stattfindet, sondern sich der Erzähler 20 Jahre später an seinen Aufbruch und Aufenthalt in Cabo de Gata erinnert.


Resümee: Dies ist ein leises Buch, eines, das zum Nachdenken animiert: über das Leben, über Veränderungen, Sehnsüchte, Sinnsuche, vielleicht auch über die eigene Lebensgeschichte. Man muss sich auf das Buch einlassen können, das heißt in der richtigen Stimmung sein, um die Erinnerungen des Autors auf sich wirken zu lassen.


Der Ausdruck „ich erinnere mich“ durchzieht das gesamte Buch wie ein

roter Faden. Und obwohl es ein ruhiges, besinnliches Werk ist, mit einer scheinbaren Leichtigkeit geschrieben, ist es dennoch spannend.


Gerade darin liegt der Reiz: Äußerlich passiert wenig, schon gar nichts Weltbewegendes, das Leben plätschert offenbar gleichförmig dahin. Umso mehr spielt sich jedoch in der Gedankenwelt des Erzählers ab, in den Erinnerungen an alltägliche Begegnungen und Beobachtungen. Dabei hat der Autor auch alles Andalusien und die spanische Mentalität Betreffende hervorragend eingefangen.


Der Ausdruck „ich erinnere mich“ und das dem Buch vorangestellte Motto - „Diese Geschichte habe ich erfunden, um zu erzählen, wie es war.“ - bekamen für mich einen besonderen Sinn.

Denn sowohl die Situation in Cabo de Gata als auch die Situation des Erzählers in Berlin konnte ich aus eigenem Erleben sehr gut nachvoll-ziehen. Und so begannen auch meine gedanklichen Kommentare beim Lesen oft mit „ich erinnere mich“ (ebenfalls daran) bzw. „so war es“ oder „so ist es“ (auch bei mir), denn im Gegensatz zum Protagonisten habe ich unser kleines andalusisches Dorf nicht wieder verlassen. 


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