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Elmar Traks

Elmar Traks

Knoll, Ulrich – Schuljahr (2014)

Der ganz normale Wahnsinn: Erlebnisse eines Schulleiters


Der Autor, ehemaliger Leiter einer bayerischen Realschule, erzählt Anekdoten aus dem Schulalltag und macht sich Ge-danken über einige Aspekte des Schulsystems, wobei er jedoch vorab erklärt, dass „Alle […] Episoden frei erfunden [sind]“. Er bindet sie in die nach Phasen des Schuljahres gegliederten Kapitel ein, z.B. „Der erste Schultag“, „Die erste Schulwoche“, „September und Oktober“ usw.

Dabei schildert er wenige (uneingeschränkt) positive Erlebnisse, dafür je-doch viele von Ärgernissen, Unwägbarkeiten, zwischenmenschlichen und organisatorischen Unzulänglichkeiten oder Problemen sowie schlechten Rahmenbedingungen geprägte Ereignisse. Ein Grund für die unerfreulichen Situationen liegt darin, dass die den Schulalltag bestimmenden Personen – also v.a. Schulrat, Schulleitung, Lehrer, Eltern, Schüler und nicht zuletzt der Hausmeister - oft unterschiedliche Interessen haben, die sie durchsetzen möchten. Außerdem müssen auch noch formale Vorgaben realisiert werden, wie beispielsweise Lehrpläne, Schulgesetz, Budgetierung.


Bei den Ausführungen wird klar: Das System Schule funktioniert nicht optimal und schon gar nicht zur Zufriedenheit aller. Und vor allem: Ein Schulleiter hat ein hartes Leben, denn zwischen allen Stühlen sitzend, machen ihm die bereits oben genannten „Schulträger“ und Formalia

das Dasein schwer.


Resümee: Kann ich ein Buch, in dem ein Schulleiter seine Erlebnisse

(Untertitel) schildert, ernst nehmen, wenn gleich vorab

klargestellt wird, dass diese frei erfunden sind?

Das geschieht nicht etwa im Klappentext – dann wäre ich gewarnt gewesen! Nein, im Gegenteil, dort ist zu lesen:

„In absurden und doch realistischen Szenen illustriert Schulleiter Knorr authentisch das Innenleben einer Schule (...)“ - heißt: wahrheitsgetreu, „echt, den Tatsachen entsprechend und daher glaubwürdig“ (Duden).

Wobei auch die Person des Schulleiters Knorr angeblich frei erfunden ist – ein Schelm, der Böses bei dessen Namensähnlichkeit mit dem Autor denkt!


Und es geht weiter: „SCHULJAHR ist eine Satire über die Schule von heute“

verkündet der Klappentext. Nun ist „Satire“ bekanntermaßen eine Literaturgattung, in der Missstände übertrieben zugespitzt dar-gestellt werden, mit dem Ziel, diese verspottend anzuprangern

und so der Lächerlichkeit preiszugeben. Ihre stilistischen Mittel sind Ironie, (beißender) Spott und scharfzüngiger Witz.

Diese Merkmale jedoch lässt das Buch komplett vermissen - Missstände werden zwar benannt, jedoch nicht pointiert in der genannten Form.

Ganz im Gegenteil: Handlung und gedankliche Diskurse plätschern sacht dahin. Es wird hier mal ein Anekdötchen erzählt, dort mal ein Problem thematisiert – im Mittelpunkt steht dabei immer die Person eines selbst-gerechten Schulleiters, der unliebsamen Personen und Situationen auch

mal gerne bewusst ausweicht oder den Weg des geringsten Widerstandes wählt. Satire? Komplette Fehlanzeige!


Ohne Zweifel: Die Position eines Rektors ist mit Ärger, unerfreulichen Situationen, Problemen aller Art und oft misslichen Rahmenbedingungen verbunden. Aber das gilt für die meisten anderen Berufe ebenso, sogar

für den Hausmeister.

Und: Die Arbeit an der Basis leisten genauso zweifelsfrei Tag für Tag die Lehrer/-innen. Sie müssen formale Vorgaben möglichst optimal für die Menschen, mit denen sie es zu tun haben, umsetzen, sie sind im Allge-meinen die Ersten, die mit Problemen, Schüler und Eltern betreffend, konfrontiert werden und Lösungen finden müssen – nicht in erster Linie

der Schulleiter.


Mit fortschreitender Lektüre fragte ich mich immer öfter, für wen der Autor dieses Werk wohl verfasst haben mag:

Etliche, einem gehobenen Sprachniveau zuzuordnende Ausdrücke können mit sehr viel Wohlwollen noch als mehr oder weniger be-kannte Lehnwörter definiert werden (stellvertretend seien hier „Parameter“, „Kalamität“, „stringent“, „Mindmap“, „Storyline“ und vielleicht sogar noch „cum“ und „nolens volens“ genannt).

Jedoch bezweifle ich ganz stark, dass dies auf Begriffe wie z.B. „evoziert“, „timid“, „kompiliert“, „Instant Buzz“ oder „Sachaufwands-träger“ zutrifft.

Also ein elitäres Werk für Akademiker mit mindestens kleinem Latinum?

Nein, keineswegs! Denn so ist es im Klappentext zu lesen:

„Ein Buch für alle Lehrer, Eltern und Schüler.“

Dies ist an eitler Arroganz wohl kaum noch zu übertreffen!

Denn daran, dass der Durchschnittsbürger seine verbalen Ergüsse versteht, liegt dem Autor und ehemaligen Schulleiter Knoll offensichtlich wenig bis nichts – ihm geht es ganz offenbar vor allem um eine wichtigtuerische Selbstdarstellung, die auch in dem Buch mit der Figur des Schulleiters Knorr Ausdruck findet – die auffällige Namensähnlichkeit erwähnte ich ja bereits.


Fazit: Ein ärgerliches Werk, das nicht einmal unterhaltsam ist, eher wie

ein mäßiger Aufsatz zum Thema „Mein letztes Schuljahr“ wirkt.

Um es mit Boethius zu sagen: „Si tacuisses, philosophus mansisses“ - „Wenn du geschwiegen hättest, wärest du Philosoph geblieben“ …

so jedoch hat sich der Autor mit Bravour disqualifiziert.


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