Du kannst niemals ganz entkommen
Roman
Im Alter von 12 Jahren werden kurz nacheinander Lois
und Carly May vom gleichen Mann entführt, der beide zwei Monate lang in einer einsamen Waldhütte gefangen hält. Die polizeilichen Ermittlungen bringen keine verwertbaren Ergebnisse und ihre Familien glauben bald nicht mehr, dass die Mädchen noch leben. Doch diesen geht es gut. Sie freunden sich sogar miteinander an, haben jedoch nach ihrer Befreiung durch die Polizei 20 Jahre lang keinen Kontakt zueinander.
Lois wird in dieser Zeit Literatur-Professorin und schreibt unter dem Pseudo-nym Lucy Ledger einen Roman über ihre Entführung und Gefangenschaft.
Carly May kämpft unter dem Namen Chloe Savage um Anerkennung als Schauspielerin. Sie bleibt allerdings erfolglos.
Dann jedoch bekommt sie eines Tages die Rolle der Ermittlerin in einem Film angeboten, dessen Drehbuch auf Lois' Roman basiert. Kann das wirk-lich ein Zufall sein?
Chloe will die Autorin unbedingt treffen, doch das ist einfacher gesagt als getan.
Im Laufe der Zeit wird immer deutlicher, dass sie beide ihrer Vergangenheit "niemals ganz entkommen" können (siehe Untertitel).
Resümee: Finde ich die Entscheidung für einen englischen Buchtitel ins-besondere unter Marketing-Gesichtspunkten äußerst unklug, so ist es sehr zu begrüßen, dass der Verlag sich mittlerweile von der ursprünglichen Klassifizierung als "Psychothriller" verabschiedet hat und als Genre nun "Roman" angibt.
Denn obwohl der Schwerpunkt auf der - auch psychologischen - Entwicklung von Lois alias Lucy Ledger und Carly May alias Chloe Savage liegt, fehlt ein Thrill, ja sogar eine gewisse Spannung völlig.
Das hat mehrere Ursachen:
Die Handlung wird nicht klar umrissen, es mangelt an einer zielführenden Linie. Stattdessen plätschert sie nach dem Motto "Greif hier mal hin, greif
da mal hin" dahin.
In epischer Länge schreibt die Autorin dabei über Belanglosigkeiten, was nicht nur langweilig, sondern regelrecht ermüdend ist.
Der stereotype Aufbau der Teile 1, 3 und 4 tut ein Übriges, um einschläfernd zu wirken:
Es wechseln in relativ kurzen Kapiteln regelmäßig alternierend Lois' und Chloes in der Ich-Form gehaltenen Erzählungen ab, die sich sowohl auf ihr Leben bis zur Entführung als auch auf die Zeit danach beziehen. Durch ge-legentliche Einsprengsel bekommt man nur eine vage Ahnung davon, was in der zweimonatigen Gefangenschaft passiert sein könnte.
Der 2. Teil hingegen besteht aus einem Roman-Auszug von Lois' alias Lucy Ledgers Buch, der in der Waldhütte spielt, in die die Mädchen vor 20 Jahren entführt wurden. Allerdings bleibt unklar, in welchem Maße er mit den tat-sächlichen Ereignissen übereinstimmt.
Hinzukommt noch, dass beide Protagonistinnen keine Sympathieträger sind - sie bleiben viel zu blass, konturlos und fremd. So kann beim Leser nicht wirklich Interesse an ihnen und ihrer Biografie geweckt werden.
Die Atmosphäre des gesamten Buches habe ich als bedrückend und düster empfunden - neben dem bereits Gesagten ein weiterer Aspekt, warum mir das Lesen keinen Spaß gemacht hat.
Last but not least ließ mich der Roman mit vielen unbeantworteten Warum-Fragen und Zweifeln am realistischen Agieren verschiedener Personen zurück.
Fazit: Wie viel mehr hätte man aus dem Plot machen können, hätte die
Autorin ein paar elementare Regeln berücksichtigt und vor allem
leserorientiert geschrieben!
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