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Elmar Traks

Elmar Traks

Wolff, Ele - Ein Septembertag in Leer (2016)

Ostfrieslandkrimi

 

Während ihre Mutter Caroline im Haus telefoniert, verschwindet an einem Septembermorgen die vierjährige Kyra spurlos vom elterlichen Grundstück in Leer. Ebenso wenig wie die unter Schock stehenden Eltern kann sich die Polizei erklären,

was passiert ist, als die Kleine kurz unbeaufsichtigt war.

Der anfänglich verdächtige Theo Schneider, der gelegentlich in der Nähe des Grundstücks gesehen wurde, muss wieder freigelassen werden - es sprechen keine Indizien dafür, dass er etwas mit dem Verschwinden des Kindes zu tun hat.

Da die weiteren Ermittlungen keine Erkenntnisse zutage fördern, legt die Polizei den Fall schließlich zu den Akten.

 

Für Caroline und ihren Mann Enno ist eine Welt zusammengebrochen, und die junge Frau muss sich lange in therapeutische Behandlung begeben.

 

Zwanzig Jahre später haben sich beide zwar ein neues Leben aufgebaut, doch die Trauer über den Verlust der Tochter und die Ungewissheit über ihr Schicksal sind geblieben.

 

Als Caroline eines Tages auf ihrer Arbeitsstelle Theo Schneider wiedertrifft, setzt sie alles daran, mehr über ihn und sein Leben zu erfahren. Sie spioniert ihm nach, in der Hoffnung, nun endlich doch noch zu erfahren, was damals mit Kyra passiert ist.

 

Resümee: Die Autorin hat das Geschehen auf 2 Zeitebenen angesiedelt,

die allerdings stark miteinander verwoben sind:

Auf der einen erfahren wir in der Er-Perspektive, wie es Enno und Caroline heute geht, auf der anderen das, was sich ca. 20 Jahre vorher ereignet hat. Dies schildern abwechselnd Caroline und Theo Schneider aus ihrer Sicht; gegen Schluss werden Ennos Ausführungen hinzugefügt.

 

Durch den über lange Passagen vorherrschenden Erzählstil ist der Roman nur mäßig spannend. Es fehlen außerdem falsche Fährten, mit Ausnahme des Schlusses wirklich überraschende Wendungen und eine die Handlung vorantreibende Lebendigkeit.

Einzig die Fragen, was mit Kyra einst passiert ist, ob Theo Schneider nicht vielleicht doch etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hat und ob Caroline dies durch ihre Nachstellungen herausfinden kann, schweben über der gesamten Handlung und bleiben bis zum Schluss offen.

 

Allerdings gab es für mich durch die Anlage des Plots von Anfang an nur

zwei Möglichkeiten, wer für das plötzliche Verschwinden des Mädchens vom elterlichen Grundstück in Frage kommt. Die eine entpuppte sich dann auch als richtig, offen blieb bis zur Erklärung am Schluss lediglich das Warum und Wie.

Die diesbezügliche Auflösung jedoch ist vor allem unter dem Stichwort "Spurenlage" absolut unglaubwürdig.

 

Dieses Buch als Krimi zu bezeichnen, halte ich für ziemlich fragwürdig:

Mit seinem Beginn sind die Ermittlungen der Polizei bereits abgeschlossen, der Fall wurde zu den Akten gelegt.

Erst 20 Jahre später entwickelt Caroline - ausgelöst durch das erneute Zu-sammentreffen mit Theo Schneider - den Ehrgeiz, durch ihn nun selbst etwas über das Schicksal ihrer Tochter herauszufinden.

Doch von reellen Nachforschungen kann keine Rede sein; im Gegenteil, sie macht sich sogar strafbar. Und die Lösung des Falles ist dann letztlich auch nicht ihr zuzuschreiben.

Positiv zu bewerten ist das Lokalkolorit.

 

Losgelöst von der Klassifizierung als Krimi, waren die Gefühle und Gedanken der Eltern zum Verlust ihrer Tochter und der Prozess der Trauerarbeit sehr berührend. Wie gehen Eltern mit so einem Schicksalsschlag um, können

sie ihn überhaupt jemals verarbeiten, in welcher Form beeinflusst er das individuelle Leben und das Miteinander? Auf diese und viele andere Fragen versucht das Buch Antworten zu liefern und bietet Stoff zum Nachdenken.

Und letztlich ist auch Theo Schneiders Sicht der Dinge interessant.

 

Fazit: lesenswert, wenn man keinen Krimi erwartet.

 

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