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Elmar Traks

Elmar Traks

Norebäck, Elisabeth - Das Schweigemädchen (2019)

Thriller

 

Noch als Teenager bekommt Stella ihre Tochter Alice. Als die Familie einen Urlaub am Wasser verbringt, lässt die junge Mutter den Kinderwagen für eine Weile aus den Augen. Bei ihrer Rückkehr

ist er umgekippt und die Kleine spurlos verschwunden.

Bis auf Stella gehen alle davon aus, dass das Baby zum Wasser gekrabbelt und ertrunken ist. Polizeiliche Ermittlungen werden bald eingestellt, das Kind für tot erklärt.

 

Die Mutter macht eine furchtbare Zeit durch, lernt nach ein paar Jahren jedoch Hendrik kennen. Beide heiraten und bekommen Sohn Milo, der mittlerweile 13 Jahre alt ist.

Der Beruf als Psychotherapeutin füllt Stella aus, und eigentlich könnte sie glücklich sein.

Doch Alices Verschwinden geht ihr auch nach 20 Jahren nicht aus dem Kopf und belastet sie.

 

Da taucht eines Tages eine junge Frau in ihrer Praxis auf, die sich Isabelle nennt. Doch Stella ist sofort davon überzeugt, dass es sich um Alice handelt. Niemand glaubt ihr, niemand unterstützt sie bei ihren fieberhaften Bemühungen, nun mehr denn je die Wahrheit darüber herausfinden zu wollen, was vor 2 Jahrzehnten passiert ist.

 

Eine dramatische Entwicklung nimmt ihren Lauf.

 

Resümee: Im Mittelpunkt dieses Thrillers stehen 3 Frauen:

 

Stella hat vor 20 Jahren in einem Moment der Unaufmerksamkeit ihre Tochter Alice verloren, glaubt jedoch nicht an deren Tod. Nun ist sie glücklich verheiratet, hat einen Sohn und ist als Psychotherapeutin erfolgreich. Die nach außen demonstrierte Stabilität ihres Lebens gerät in dem Moment ins Wanken, als sie in

 

Isabelle ihre einst spurlos verschwundene Tochter wiederzuerkennen glaubt. Die Studentin hat kürzlich ihren geliebten Vater verloren und nach seinem Ableben erfahren, dass er gar nicht ihr Erzeuger war. Sie ist böse mit ihrer Mutter, die ihr diese Tatsache so lange verschwiegen hat, und will sich endlich von ihr abnabeln.

 

Kerstin ist Isabelles Mutter, die sich nach dem Tod des Ehemannes noch einsamer als sonst fühlt, und mit allen Mitteln versucht, ihre Tochter weiter an sich zu binden.

 

Thematisch dreht es sich in Bezug auf Stella und Kerstin um Mutterliebe, die zur Obsession wird. Isabelle, die sich ein selbstständiges Leben aufbauen will, gleichzeitig nach ihren väterlichen Wurzeln sucht, steht zwischen den beiden älteren Frauen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass ich den englischen Originaltitel "Tell me you're mine" wesentlich treffender als den deutschen finde.

 

Das Geschehen wird kapitelweise aus der Perspektive einer der drei Protagonistinnen erzählt, deren Schicksale sich immer mehr annähern.

Dabei beginnt alles zunächst unspektakulär, eigentlich schon fast etwas langweilig, wenn die Frauen, die sich nicht kennen, aus ihrem scheinbar ganz normalen Leben erzählen. Doch dann nimmt die Entwicklung immer mehr Tempo auf - wie eine Lawine, die langsam ins Rollen kommt, immer schneller wird und schließlich eine gewaltige Katastrophe auslöst.

 

Währenddessen fragt sich der Leser immer öfter, wer eigentlich "normal", wer "verrückt" ist bzw. wird. Wer sagt die Wahrheit, wer baut ein Lügengespinst auf oder konstruiert sich eine Traumwelt? Und natürlich: Was ist vor 20 Jahren am See passiert? Kann eine Mutter nach dieser langen Zeit wirklich sicher sein, dass ihre Tochter vor ihr steht, oder flüchtet sie sich nicht vielmehr in Wunschdenken? Vielleicht ist es auch wirklich so, wie Stellas Mann und Freunde befürchten, nämlich dass sie einen Rückfall hat, und wie schon einmal wieder auf einen psychischen Zusammenbruch zusteuert?

 

Die Beantwortung dieser Fragen erfolgt auf höchst filigrane Art, lässt den Leser am Schluss einerseits atemlos, andererseits nachdenklich zurück. Außerdem gibt der Schluss Anlass zu weitergehenden Spekulationen über die Zukunft der Beteiligten.

 

Fazit: ein ungewöhnlicher und bemerkenswert guter Psychothriller

 

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