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Elmar Traks

Elmar Traks

Zeh, Juli - Unterleuten (2016)

Roman

 

Das fiktive 200-Seelen Dorf Unterleuten in Brandenburg ist von außen betrachtet eine Idylle:

Es liegt mitten in der Natur, in der es auch noch seltene Vogelarten gibt, und überwiegend kleine Häuser prägen das Bild. Die umliegenden Orte tragen so klangvolle Namen wie z.B. Seelenheil, Wassersuppe, Regenmantel, und einige Alteingesessene sind echte Originale.

Viele Großstädter - vor allem Berliner - wollen dort fernab aller Hektik einen Neuanfang wagen und Dinge tun, von denen sie bislang nur träumen konnten.

Doch sie müssen bald feststellen, dass es im vermeintlichen Paradies auch Probleme gibt, und es dort gelegentlich zu eng sein kann. Obwohl Berlin nur ca. eine Stunde entfernt ist, scheint Unterleuten "hinter dem Mond" zu liegen.

 

Haben die Dörfler ihre Probleme bislang unter sich gelöst - meist vor dem Hintergrund der Frage, wer wem einen Gefallen schuldet -, so gerät die verkrustete Gemeinschaft nun gefährlich aus dem Gleichgewicht:

Ein gewinnträchtiger Windpark soll gebaut werden. Da kommen plötzlich doch wieder alte Animositäten zwischen den "Ureinwohnern" hoch, und der Gegensatz zu Ansichten und Mentalität der Zugezogenen sorgt für zusätzliche Konflikte.

 

Kein Wunder, dass sich im Laufe der Zeit das vermeintliche Paradies immer mehr zur Hölle entwickelt.

 

Resümee: Der Roman besteht aus VI Teilen und insgesamt 62 kurzen Kapiteln, in denen die jeweiligen Protagonisten - Einheimische und Zugezogene - aus ihrer Sicht das Geschehen erzählen. Insgesamt gibt es ca. 20 Akteure, allesamt sehr individuelle Charaktere, mal mehr, mal weniger sympathisch. Dabei ist bar jeden Selbstzweifels jeder davon überzeugt, im Recht zu sein und das Richtige zu tun.

 

Im Verlauf des Geschehens ändert man oft sein Urteil über die Personen - auch dadurch bedingt, dass sie in variierenden Konstellationen auftreten. Man entwickelt Verständnis für die anfangs Unsympathischen und macht Abstriche bei den zunächst als "nett" Eingestuften.

Insgesamt ergibt sich ein komplexes Gesellschaftsbild, und der ein oder andere Leser wird sich und seine Mitmenschen in verschiedenen Personen wiedererkennen.

 

Vor dem Hintergrund, dass im bislang so idyllischen Unterleuten ein Windpark gebaut werden soll, geht es um alte, bis vor Kurzem erfolgreich unterdrückte zwischenmenschliche Konflikte unter den Alteingesessenen.

Die Zugezogenen sorgen für zusätzlichen Sprengstoff, denn nun geht es auch um die Themen "Ossis" vs. "Wessis", vermeintliche Wendegewinner und -verlierer und um menschliche Moral zugunsten des eigenen Vorteils.

Das starre, aber bislang funktionierende "System Unterleuten" wird immer mehr aufgeweicht und gerät ins Wanken.

Die romantische Vorstellung von einem idyllischen, harmonischen Landleben wird peu à peu ad absurdum geführt.

 

Fazit: ein höchst interessantes Buch. Aber man muss sich auf die Thematik

respektive Problematik und die Charaktere einlassen - sonst droht es langweilig zu werden.

 

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