_______________________

 

Webmaster u.v.a.m.

Elmar Traks

Elmar Traks

Weber, Felix – Staub zu Staub (2020)

Kriminalroman

 

Der Niederländer Siem Coburg hat während des 2. Weltkriegs

im Widerstand gegen die Nationalsozialisten gearbeitet. Seine Lebensgefährtin Rosa ist bei einer Untergrundaktion in einen Hinterhalt geraten und erschossen worden. Coburg hat ihren Tod nie verkraftet. Nun, 1949, lebt er allein, deprimiert und mutlos völlig zurückgezogen auf einem Hausboot.

Da bittet ihn eines Tages Bauer Tammens um einen Gefallen:

Dessen 17-jähriger geistig behinderter Enkel Siebold ist in einem katholischen Heim gestorben. Tammens ist, nachdem er den Leichnam gesehen hat, davon überzeugt, dass die Verantwortlichen ihm nicht die Wahrheit über die Todesursache gesagt haben. Er glaubt, dass der Junge totgeschlagen wurde.

 

Coburg hat Siebold einst sein Leben verdankt, als Tammens ihn auf dem Hof versteckt hatte, und beginnt mit Recherchen. Bald muss er feststellen, dass Siebold nicht das einzige Kind ist, das unter ungeklärten Umständen in der Obhut der Mönche gestorben ist.

Doch die Nachforschungen gestalten sich schwierig: Der als Journalist, der einen Artikel über die Einrichtung schreiben will, getarnte Siem Coburg trifft in und außerhalb des Heims auf eine Mauer des Schweigens; viele Leute scheinen Angst vor Repressalien zu haben.

 

Welche Rolle spielen der brutale Bruder Damianus, der die besonders schwierigen Fälle betreuende Pater Anselmus und der Mönch Felix, der die Schrecken des Ersten Weltkriegs erlebt und in einem Tagebuch festgehalten hat?

 

Resümee: Das Buch beruht laut Titel auf einem Bibelzitat aus dem „Sündenfall des Menschen“ im 1. Mose 3, 19: „Im Schweiße deines Angesichts sollst du [dein] Brot essen, bis du wieder zurückkehrst zum Erdboden; denn von ihm bist du genommen. Denn du bist Staub, und zum Staub wirst du wieder zurückkehren!“ Heißt: Egal wie mühsam das Leben war, wie sehr man gekämpft hat, wie berühmt, begabt, mächtig oder reich man war – der Tod macht alle gleich, denn mit ihm kehrt jeder wieder dahin zurück, woher er gekommen ist. Was bleibt, ist „Staub“.

 

Und so spielen das Leben und Sterben vieler Protagonisten die zentrale Rolle in diesem Roman:

Siem Coburg z.B. kämpft während des Zweiten Weltkriegs in den Niederlanden zusammen mit seiner Lebensgefährtin Rosa im Widerstand gegen die Nazis; Rosa stirbt durch einen Hinterhalt, Coburg später als gebrochener Mann. Pater Anselm, wegen seines Äußeren oft verspottet, betreut im katholischen Heim die besonders schwer geistig behinderten Kinder und wird durch Tuberkulose dahingerafft, während Bruder Felix – der das Grauen des Ersten Weltkriegs hautnah miterlebt hat - vom Leben erschöpft friedlich einschlafen darf. Die Todesursache der in der Einrichtung lebenden Kinder kann man erahnen. Usw.

Bei allen Biografien geht es auch um Schuld, Sühne, Verrat, Liebe, Krieg und Leid sowie Euthanasie.

 

In Anbetracht dessen wundert es nicht, dass in dem Buch durchweg eine sehr düstere Atmosphäre herrscht.

 

Vor allem durch zahlreiche Rückblenden existieren sehr viele Handlungs-stränge: So erfährt der Leser z.B. Einzelheiten aus dem Leben von Siem Coburg und Rosa, durch seine Tagebucheinträge wird von Pater Felix' Kriegserlebnissen berichtet, Bruder Anselmus' Gedanken springen gelegentlich in die Vergangenheit und Coburgs Recherchen offenbaren Einzelheiten aus Damianus' Leben.

Das heißt, das Geschehen wechselt permanent zwischen der Gegenwart des Jahres 1949 und der Vergangenheit. Da entsprechende Kapitelüberschriften fehlen, ist es für den Leser oft verwirrend, die Zusammenhänge herzustellen.

 

Die Aufklärung der Todesumstände des 17-jährigen Enkels von Bauer Tammens, um die es laut Klappentext in diesem Roman gehen soll, wird dabei weitestgehend in den Hintergrund gedrängt, dient im Prinzip lediglich als Aufhänger, um „Zutritt“ zu den Biografien der im Heim lebenden Mönche zu erhalten. Die Recherchen Coburgs zum Tod des Jungen nehmen einen vergleichsweise sehr geringen Raum ein.

 

Aber nicht nur mit dem die Aufklärung eines unklaren Todesfalls suggerierenden Klappentext soll der Leser offenbar geködert werden,

sondern auch mit der Genre-Angabe „Kriminalroman“.

Dabei fehlt Spannung bei der bereits erwähnten Aneinanderreihung von Handlungssträngen gänzlich – das Geschehen konnte mich nicht in den Bann ziehen.

 

Bestenfalls handelt es sich hier um einen historischen Roman, bei dem der Autor eine Fülle von Themen (s.o.) anreißt, aber eben durch diese Überladung nur an der Oberfläche bleiben kann. Ähnlich verhält es sich mit den Protagonisten: Auch ihnen fehlt die Tiefe. Sympathie oder Empathie konnte ich für keinen entwickeln, selbst für Siem Coburg nicht – er erschien mir starr, kalt, zu emotionslos und rational.

 

Fazit: Das Buch soll durch einen Klappentext, der nicht den wirklichen

inhaltlichen Schwerpunkt wiedergibt, sondern den wesentlichen Teil ausblendet, und eine Genre-Angabe, die eine falsche Erwartungshaltung weckt, für Leser werben – also durch Etikettenschwindel. Damit tun die Verantwortlichen sich sowie dem Autor und seinem Werk mit Sicherheit keinen Gefallen.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0