Piesker, Jörg – TodesLiebe (2021)

Eines Tages ändert sich sein Leben schlagartig – aber „Wenn Hermann Bernecker gewusst hätte, was ihn in den kommenden Tagen erwartete, wäre er einfach an dem Mann vorbeigefahren.“ (1. Satz Kapitel 1). Er hält jedoch an, als während seines Dienstes ein Mann zwischen zwei geparkten Autos

auf die Straße wankt, sich zunächst auf dem Wagen abstützt, bevor er zusammenbricht.

Obwohl er stark blutet, lehnt der Verletzte es ab, ins Krankenhaus gebracht

zu werden, sondern bietet Hermann eine verlockend hohe Geldsumme, wenn er ihn wegfährt. Gerade als Hermann das Angebot annehmen will, taucht ein Mädchen auf, droht, das Vorhaben zu vereiteln … und das Schicksal nimmt für den Taxifahrer einen verhängnisvollen Lauf.

Aus Liebe zu seiner Frau befreit er sich nicht aus der grausigen Spirale, sondern geht einen mit Leichen gepflasterten Weg.

Resümee: Vorweg sei gesagt, dass die im Buch geschilderte Situation für Deutschland nicht zutrifft; nämlich, dass eine Herztransplantation nur erfolgen kann, wenn der Patient einen Teil der OP-Kosten und den für die Nachsorge erforderlichen Betrag aufbringen kann. Aber das auf dieser hypothetischen Annahme basierende Geschehen bietet viel Raum, sich auszumalen, was wäre, wenn … Der Autor hat am Beispiel seines Protagonisten ein Worst-Case-Szenario entstehen lassen.

Ich kann Hermann Berneckers Lage und sein daraus resultierendes verbrecherisches Handeln menschlich durchaus verstehen: Er liebt seine

Frau Evchen, mit der er seit ca. 40 Jahren verheiratet ist. Zusammen haben sie viele Höhen und Tiefen erlebt, sind immer füreinander da gewesen. Und nun soll sie – mittlerweile ein Pflegefall geworden - sterben, weil das Geld für eine notwendige, lebenserhaltende Operation, nicht reicht? Der Taxifahrer ist verzweifelt! Doch so hart er auch arbeitet, es reicht einfach nicht.

Als sich ihm die Chance für einen Extra-Verdienst bietet, ist ihm zwar nicht ganz wohl dabei, doch mit dem Gedanken an Evchen greift er zu … nicht ahnend, dass dies der Beginn einer an Brutalität immer heftiger werdenden Eskalationsspirale ist, aus der er sich nicht mehr befreien kann.

Während der von Anfang bis Ende zweifellos spannenden Lektüre war ich permanent hin- und hergerissen zwischen meinem Verständnis für Hermann und dem Entsetzen über die bestialisch-blutrünstige Brutalität.

Auch mein Verhältnis zu dem Ermittlerteam Svantje Erdinger und Claas Wollnagel ist sehr gespalten, zumal eigentlich kaum dienstlich legitimierte Untersuchungen stattfinden: Svantje verlässt aus Ärger über ihren Chef wutentbrannt das Präsidium und nimmt spontan Urlaub. Claas recherchiert zunächst alleine ein wenig zu dem Verschwinden einer jungen Frau, meldet sich dann aber krank. Dadurch und durch einen One-Night-Stand der jungen Polizistin kommen sie den Ereignissen um Hermann Bernecker und dem Schicksal des Ehepaares auf die Spur.

Damit Evchen eine ausreichende Geldsumme für ihre Behandlung bekommt, begehen die Ermittler am Schluss Rechtsbeugung – auch dies sehe ich sehr zwiespältig: menschlich absolut lobenswert, rechtlich nicht akzeptabel.

Abschließend sei noch angemerkt, dass es auf den ersten 23 Seiten sehr viele Rechtschreib- / Grammatikfehler gibt.

Fazit:

. eine interessante, zum Nachdenken anregende Thematik, die aber für

   Deutschland, wo die Handlung spielt, auf einer rein hypothetischen

   Annahme beruht,

. ein Ehemann, der aus Liebe zu seiner Frau anfangs einer vermeintlich

   harmlosen finanziellen Verlockung nicht widerstehen kann, immer tiefer

   in einen brutalen Sumpf hineingezogen wird und über Leichen geht,

. eine spannende Handlung, die mir aber viel zu blutrünstig-brutal ist,

. ein Ermittlerteam, das Empathie zeigt, aber größtenteils außer Dienst

   recherchiert und Rechtsbeugung begeht.