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Elmar Traks

Elmar Traks

Bausch, Joe – Gangsterblues (2018)

Harte Geschichten

 

Zu einer Gefängnisstrafe verurteilte Verbrecher denken

während der Haft oft über ihre Taten nach, vor allem dann,

wenn sie für viele Jahre einsitzen müssen.

Der Autor praktizierte über 30 Jahre lang als Arzt in der Justizvollzugsanstalt Werl, zuletzt als leitender Regierungsmedizinaldirektor. Dort hat er die Erfahrung gemacht, dass etliche „Langzeitgäste“ irgendwann der „Blues“ packt, und sie über das ihnen Widerfahrene reden wollen.

Für viele – nach außen oft hartgesottene Männer – ist Joe Bausch die erste Anlaufstelle gewesen. Er hat ihnen zugehört und / oder ihre ihm anvertrauten Aufzeichnungen gelesen - egal, ob es sich z. B. um Schwerverbrecher handelte, die von ihrer Unschuld überzeugt waren, um einen Insassen, der nach 30 Jahren Haft auf gar keinen Fall entlassen werden wollte, um einen Rettungssanitäter, dem eine Zufallsbegegnung zum Verhängnis wurde oder um einen Täter, der glaubte, durch Morde schnell an sein Erbe zu gelangen.

 

Resümee: Der Autor stellt gleich vorab klar, dass es sich bei dem in den Geschichten Geschilderten NICHT um individuelle Schicksale handle, die

sich wirklich so zugetragen haben. Demzufolge betreffen die Ereignisse auch keine realen Personen. Sein Anliegen sei es vielmehr, mit den Short Storys (wie der Autor sie selbst nennt) den Alltag im Strafvollzug darzustellen.

Zu diesem Zweck habe er sich u.a. von Erzählungen der Insassen zwar inspirieren lassen, sie aber bis zur Fiktionalisierung verfremdet und weiter ausgestaltet.

Diese Informationen hätte ich gerne im Klappentext gelesen – ein Schelm,

der Böses dabei denkt, dass dies dort nicht erwähnt, sondern suggeriert wird, dass es sich um True Crime handle.

 

In jedem der 12 Kapitel wird zunächst eine Tat geschildert, bevor sich die Biografie des Täters / der Täter anschließt. Für den Leser klingt alles absolut schlüssig, man hat den Eindruck, dass es sich durchaus so zutragen haben könne. Aber leider … (siehe oben).

 

Dabei sind die einzelnen Fälle so unterschiedlich wie die Charaktere der Protagonisten, und Joe Bausch versteht es, sie ebenso spannend wie unterhaltsam zu erzählen.

 

Doch erfährt man gemäß der Intention des Autors wirklich etwas über den Alltag im Knast? Kaum! Höchstens die alleroberste Spitze des Eisbergs.

 

Last but not least: Joe Bausch mag eine Kapazität auf medizinischem Gebiet gewesen sein und im Umgang mit Gefängnisinsassen ein ausgesprochen gutes Gespür gehabt haben – es obliegt mir nicht, dies zu beurteilen. Was mich aber immer nervt, ist ein Hang zur Selbstbeweihräucherung und ein die eigene Person Beifall heischend In-Szene-setzen-Wollen.

 

Fazit: kurzweilige, spannende Unterhaltung, wenngleich nicht, wie der

   Klappentext glauben macht, reale Fälle geschildert werden. 

 

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