Roman
Frances Delany wird in dem kleinen Fischerort Safe Harbour
an der Südküste Neufundlands als einziges Kind eines jungen Paares geboren. Sie wächst in äußerst bescheidenen, aber behüteten
und liebevollen Verhältnissen auf, hat selbst nie das Gefühl, arm zu sein.
Als sie 11 Jahre alt ist, ertrinkt ihr Vater beim Fischen auf stürmischer See, ihre Mutter verfällt in Depressionen. Halt gibt Frances die Freundschaft zu der gleichaltrigen Annie Malone, deren Eltern sich fürsorglich um die Halbwaise kümmern – das Mädchen befindet sich dort in einem sicheren Hafen.
Nach einer Reihe von Ereignissen, die sie kaum verarbeiten kann, flüchtet Frances als Jugendliche überstürzt aus ihrem Heimatort und landet in einer größeren Stadt, wo sie sich fortan mit der Arbeit als Putzfrau und Haushälterin finanziell gerade so über Wasser halten kann. Ihren Traum, Lehrerin zu werden, kann sie nicht verwirklichen, soziale Kontakte hat sie kaum, eine Beziehung geht sie nie ein, und zu Annie ist der Kontakt schon lange abgebrochen. In dieser Phase ist ihr Leben alles andere als ein sicherer Hafen.
Als bei der 58-jährigen Frances ein Gliobastoma multiforme festgestellt wird - ein hoch maligner, aggressiver Hirntumor - weigert sie sich, sich der von ihrer Ärztin empfohlenen Behandlung zu unterziehen. Denn sie ist sicher, dass diese den mit der Krankheit verbundenen unvermeidlichen Tod lediglich ein wenig hinauszögern würde. Stattdessen möchte sie die ihr verbleibende Lebenszeit ab sofort genießen und dann selbstbestimmt sterben.
Die selbstbewusste Edie, 16-jährige Tochter eines vielbeschäftigten Ehe-paares, für das Frances seit vielen Jahren arbeitet, sorgt dafür, dass Frances nach Safe Harbour zurückkehrt, sich mit ihrer Jugendfreundin Annie versöhnt und knapp 3 Monate später schließlich – nun wieder in den sicheren Hafen zurückgekehrt - liebevoll betreut und zufrieden in deren Haus sterben kann.
Resümee: In dem Roman geht um den Umgang mit einer schweren Krankheit, Vorbereitung auf den eigenen Tod, Abschiednehmen und damit verbundene - im wahrsten Sinne des Wortes existenzielle – Entscheidungen.
Er polarisiert: Es steht der Meinung der Ärzte, die ihre Patientin angesichts des aggressiven Hirntumors zu einer Behandlung drängen, die ihre Lebens-dauer etwas verlängern würde, die Entscheidung von Frances gegenüber:
Sie möchte die ihr verbleibende Zeit endlich ein wenig genießen, sich vor allem Dinge leisten, auf die sie aus finanziellen Gründen bislang immer verzichten musste … z.B. schickes Zeug kaufen, zum Friseur und ins Nagelstudio gehen, im Restaurant essen. Lebensqualität statt -quantität.
Über ihren Entschluss für einen ärztlich assistierten Suizid maßen sich vor allem auch Menschen ungefragt ein Urteil an, die Frances kaum kennen.
Sie scheuen sich nicht, ihr ihre Missbilligung in harschem Ton mitzuteilen. Doch Frances weist diese Leute ebenso bestimmt in die Schranken, lässt
sich nicht beirren. Denn war es ihr während ihrer gesamten 58 Jahre kaum möglich, auch bei wichtigen Dingen eigene Entscheidungen zu treffen, sich von Zwängen frei zu machen, so will sie wenigstens über das Ende ihres Lebens selbst bestimmen.
Unterstützung bekommt sie von der16-jährigen Edie, in der sie sich selbst sieht, wie sie hätte sein wollen: selbstbewusst und in der Lage, ihr Leben nach den eigenen Regeln zu gestalten.
Nach der Aussöhnung mit ihrer Jugendfreundin Annie steht diese ihr bis zum letzten Atemzug ebenfalls liebevoll zur Seite. Durch deren burschikos-resolute Art wird mancher Situation die Traurigkeit genommen, sodass man sogar schmunzeln kann.
Trotz der Thematik lässt der Roman den Leser nicht niedergeschlagen zurück, sondern macht Mut ... Mut, sein Leben generell, vor allem aber in
der letzten Phase selbstbestimmt zu leben. Insofern ist er sogar ein Stück
weit lebensbejahend.
Fazit: ein sehr berührendes, ungemein sensibel geschriebenes Buch,
das man mit einem lachenden und einem weinenden Auge liest –
voller Respekt für die drei Protagonistinnen Frances, Annie und Edie.
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