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Elmar Traks

Elmar Traks

Lind, Hera - Die Frau, die zu sehr liebte (2015)

Roman nach einer wahren Geschichte

 

Geht man nach den äußeren Umständen, könnte Linda (Mitte 40) sehr zufrieden sein: Sie sieht blendend aus, als Frau eines viel-beschäftigten Dermatologen lebt sie in finanziell gesicherten Verhältnissen, Jochen und sie haben einen Sohn und eine Tochter, die aufs Gymnasium gehen, und aus einer früheren Beziehung stammt eine bereits erwachsene Tochter, die auch schon Mutter ist. Linda hat zwar einen Abschluss in Betriebswirtschaft, ist allerdings nicht berufstätig, sondern kümmert sich

um Haushalt und Familie.

Aber sie ist unzufrieden:  

Obwohl Jochen und sie auf andere als harmonisches Paar wirken, haben sie sich in Wirklichkeit nach 20 Jahren nichts mehr zu sagen, ihr Sex-Leben liegt seit 3 Jahren brach, der Workaholic Jochen nimmt sie als Frau nicht mehr wahr, ein gemeinsamer Urlaub liegt lange zurück, ein schönes Geschenk hat sie von ihrem Mann auch schon ewig nicht mehr bekommen.

Linda fühlt sich nur noch als Haushälterin und klagt anlässlich eines Besuchs bei ihrer Freundin Michaela: „[...] ich sehe mir selbst beim Vertrocknen zu.“ (Seite 11). Als wenig später deren attraktiver Nachbar Frank auftaucht, meint sie bei dessen Anblick spaßeshalber: „Ich sollte mir ein Verhältnis zulegen.“ (Seite 12).

 

Er, seine Frau und die beiden Kinder sind seit ein paar Monaten Nachbarn von Michaelas Familie. Frank stellt sich Linda als Bankdirektor vor und

beide beginnen sofort einen Flirt. Sie ist hin und weg von dem extrem gut aussehenden, charmanten Mann; ihr eigener kommt ihr danach im Vergleich noch blasser und biederer vor.

 

Frank und Linda beginnen ein Verhältnis, in dem er ihr neben heißem Sex und Luxus alles bietet, was sie sich nur wünschen kann, sodass ihre Sehnsucht nach Liebe, Beachtung und Anerkennung gestillt wird. Endlich fühlt sie sich wieder als Frau wahrgenommen.

 

Sie zweifelt nicht daran, dass auch er sich in sie verliebt hat; erste Hinweise, die sie hätten misstrauisch machen können, ignoriert sie.

Schließlich verlassen beide ihre Ehepartner und ziehen mit ihren Kindern in eine riesige Villa. Die Übereinkunft ist, dass der gut verdienende Frank fürs Finanzielle zuständig ist, Linda für Haushalt und Familie. Anfangs genießt die Patchworkfamilie ihr neues Leben im Luxus und Linda ist glücklich: Frank gibt ihr alles, was sie bei Jochen vermisst hat – Geschenke, Urlaube, heißen Sex, Komplimente, Aufmerksamkeit.

Doch das Zusammenleben entwickelt sich immer mehr zu einem Albtraum und endet in einer Katastrophe.

 

Resümee: Dies ist die Geschichte von Linda, einer Frau Mitte 40, die nach außen hin alles hat, was zu einem zufriedenen Leben gehört: einen als Arzt gut verdienenden Ehemann, wohlgeratene Kinder, ein schönes Haus. Sie selbst – studierte Betriebswirtin – ist nicht berufstätig, um sich um die Familie kümmern zu können. Doch eines fehlt ihr mittlerweile: Jochens Beachtung, Wertschätzung, gemeinsame Unternehmungen und Sex. Sie möchte auch jetzt noch etwas erleben, als die attraktive Frau gesehen werden, die sie ist, und nicht zu Hause versauern.

 

Als sie den charismatisch-charmanten und reichen Frank kennenlernt, erfüllt sich ihr Traum. Er bietet ihr ein aufregendes Leben in Luxus, und der Sex mit ihm ist gigantisch.

Für dieses Leben verlässt sie ihren Mann, zieht mit Frank, der sich auch von seiner Frau trennt, ihren und seinen Kindern – insgesamt 4 – in eine riesige Villa.

Auf einem anderen Level ist sie dann allerdings nichts anderes als zuvor auch: Eine Frau, die mit ihren Kindern vom Partner finanziell abhängig ist und sich um Haushalt und Familie kümmert. Doch nun beklagt sie dies nicht, sieht sich nicht wie bei Jochen als Haushälterin, sondern als Powerfrau, die das gemeinsame Leben managt.

 

Nicht nur finanziell, sondern auch emotional ist sie von Frank komplett abhängig. Er nutzt das aus, indem er zunächst gelegentliche, später immer häufiger auftretende Missstimmungen und aufkeimendes Misstrauen nicht nur mit genialen Erklärungen, sondern auch mit teuren Geschenken, Urlauben, körperlicher Zuwendung beiseite schiebt. Danach ist alles wieder gut.

 

Immer öfter zeigt er zwei Gesichter: Einerseits ist er nach wie vor der charmante, witzige, aufmerksame Lover und den eigenen und Lindas Kindern ein liebevoller Vater, im nächsten Moment verwandelt er sich in einen Choleriker, der wegen Nichtigkeiten tobt, aus der Luxusvilla rennt, erst einmal nicht wieder auftaucht und telefonisch nicht zu erreichen ist. Er scheut sich auch nicht davor, Linda vor anderen streng zu kritisieren.

 

Die Situation wird immer unerträglicher. Doch Linda beendet das, was sich immer mehr zum Albtraum entwickelt, nicht, sondern lässt sich weiter einlullen und redet sich vieles schön.

Dass sie und ihre Kinder im Falle einer Trennung nicht abgesichert sind, kommt ihr zwar gelegentlich in den Sinn, ohne dass sie jedoch etwas unter-nimmt – finanziell wäre es z.B. absolut möglich gewesen, eine Haushälterin einzustellen, sodass sie berufstätig sein könnte.

 

Viel zu sehr genießt sie den Luxus, das aufregende Leben, die höheren Kreise, in die Frank sie einführt und seine körperlichen Vorzüge. Immer wieder entschuldigt sie daher seine Ausfälle und Eskapaden, lässt sich von ihm unter emotionalen Druck setzen, auch wenn dies später zulasten der Kinder geht.

 

Nein, sympathisch ist mir diese Protagonistin nicht, die sich um eines aufregenden Luxus- und Sexlebens Willen emotional und finanziell von einem liebestollen Psychopathen abhängig macht. Warum zieht sie nicht wenigstens ihren Kindern zuliebe die Reißleine?

 

„Die Frau, die zu sehr liebte“? Ja, aber mit Sicherheit nicht Frank als Person, den sie später sogar noch heiratet – dies letztlich auch nicht mehr aus großer Liebe, sondern vor allem, weil sie zu der Erkenntnis gekommen ist, dass sie und die Kinder dann im Falle einer Scheidung finanziell abgesichert sind.

Was sie hingegen zu sehr liebt, um rational handeln zu können, sind das aufregende Luxus-Leben, das Frank ihr bieten kann, und der phänomenale Sex, den sie mit ihm erlebt.

 

Als Linda schließlich „aussteigt“, ist es viel zu spät – die Katastrophe ist nicht mehr zu stoppen.

 

Mitleid hatte ich mit ihr zu keiner Zeit, sondern nur mit ihrem ersten Ehemann Jochen, den sie eiskalt abserviert. Bewundert habe ich ihre Freundin Barbara, die bis zum bitteren Ende zu ihr hält.

 

Fazit: ein Roman über eine Mittvierzigerin, die aus Selbstmitleid und Sorge,

etwas zu versäumen, in ihr Unglück rennt, sich aus Bequemlichkeit nicht aus der hochtoxisch werdenden Beziehung befreit und noch andere mit in die Katastrophe reißt

 

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