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Elmar Traks

Elmar Traks

Becker, Elke – Das Haus Kölln (2023)

Glänzende Zeiten

Die Kölln-Saga 1

 

Ein eisiger Novembertag im Jahr 1886: Charlotte Kölln wartet auf die Heimkehr ihres Mannes Peter Ferdinand – von ihr Ferdi genannt. Sie macht sich Sorgen, denn die wirtschaftliche Lage der Elmshorner Hafermühle, deren Inhaber er ist, ist extrem angespannt und Ferdi arbeitet sehr hart. Auch heute wird sie wohl wieder mit den 5 noch zu Hause wohnenden Kindern allein zu Abend essen müssen.

Sie beschließt, ihm vorher noch seinen Lieblingskuchen ins Werk zu bringen. Doch dort kommt der Vorarbeiter Anselm völlig aufgelöst auf sie zugelaufen: Der Chef hatte gerade einen schweren Arbeitsunfall, den er nicht überlebt hat.

Charlotte weiß nicht, wie es weitergehen, wie sie die Familie versorgen und die Firma über Wasser halten soll. Als Frau darf sie den Betrieb offiziell nicht führen und auch den dringend notwendigen Kredit nicht aufnehmen. Aber der älteste Sohn Peter Albert wird erst in 2 Jahren das Studium der Handelslehre beendet haben, und es ist ohnehin fraglich, ob er die Mühle leiten kann.

 

Doch es bleibt keine Zeit, sich Emotionen und Trauer hinzugeben. Charlotte ist eine rational denkende, zupackende Frau, und dank des Einsatzes ihres treuen Vorarbeiters und der Hilfe aller Angehörigen kommen sie über die Runden. Die dringend notwendige Modernisierung des Werks muss allerdings wegen der fehlenden finanziellen Mittel gestrichen werden.

 

Peter Albert übernimmt schließlich die Hafermühle und arbeitet entgegen der Befürchtungen und zur Erleichterung aller mit großem Engagement.

Seine Mutter will unbedingt eine Ehe mit der Tochter des anderen Elmshorner Getreidemühlen-Betreibers forcieren. Doch Peter liebt die aus einfachen Verhältnissen stammende Bertha, der Charlotte aus Sorge um den sozialen Status des Hauses Kölln die Zuneigung verweigert. Aber ihr Sohn setzt sich durch und heiratet Bertha, die stark und letztlich ein Glücksfall für Werk und Familie ist.

 

Resümee: Die Grundlage für die Handlung dieses Buches bilden die Ge-schichte der Elmshorner Familie Kölln und die Entwicklung der 1820 vom Kornhändler und Grützenmacher Peter Kölln offiziell gegründeten Hafermühle (dessen Vater stellte bereits seit 1795 in einer kleinen von Pferden betriebe-nen Mühle Schiffszwieback für Seeleute her).

 

Die Saga beginnt im Jahr 1886 mit dem Tod von Peter Ferdinand Kölln, Inhaber in 2. Generation. Da dessen ältester Sohn zu dem Zeitpunkt noch nicht seine Handelslehre-Ausbildung abgeschlossen hat und eine Frau – zumindest offiziell - nicht die Firma leiten darf, sind das Engagement des Vorarbeiters Anselm und der Einsatz aller Familienmitglieder nötig, um die Existenz des Betriebes zu retten, den Peter Albert 1889 übernimmt.

 

Sowohl was die Geschicke der Firma anbelangt, als auch im Privatleben aller Familienmitglieder gibt es immer wieder neue positive wie negative Entwick-lungen.

Dies mitzuerleben, ist nicht nur höchst interessant, sondern auch ausge-sprochen unterhaltsam und stellenweise sogar spannend, denn Elke Becker versteht es, den Leser von Anfang an mitzunehmen und zu fesseln. Man fiebert so manches Mal mit den Protagonisten: Werden sie im Bemühen um Erhalt und sogar Weiterentwicklung der Firma, in Bezug auf ihre ambitionier-ten persönlichen Ziele und private Verbindungen Erfolg haben?

 

Ich habe viele Jahre bei Elmshorn gewohnt und dort gearbeitet – mein Weg führte täglich beim Köllnflocken-Werk sowie dem Hafengelände vorbei und oft auch durch die Königstraße. Auch beruflich gab es einige Berührungspunkte mit der Firma.

Da es in der Gegend viele heute noch existierende alteingesessene Betriebe, Geschäfte und Straßen gibt, war die Lektüre für mich auch ein Spaziergang durch meine alte Heimat.

 

Seien es diese örtlichen Gegebenheiten, die damalige Lebens- und Wohn-situation, soziale Verhältnisse, Arbeitsbedingungen – Elke Becker beschreibt alles so anschaulich, dass man sich direkt in die Handlung der damalige Zeit versetzt fühlt.

 

Allerdings hat sie eine „kreative Art der Geschichtenerzählung“ (siehe Nach-wort) angewandt. Das bedeutet, dass zwar die meisten Protagonisten und Lokalitäten real existierten, sie von Biografie und Historie aber zum Teil bewusst abgewichen ist oder kreativ Lücken füllen musste, wenn es über Personen keine (zuverlässigen Quellen) gibt und es galt, belegte Eckdaten miteinander zu verknüpfen,

 

Dabei ging es der Autorin auch darum, mutige Frauen zu gestalten, die sich gegen die männliche Dominanz auflehnten, entgegen der traditionellen Rollen ihren eigenen Weg gingen und für ihre Ziele kämpften.

Und heute ist es überhaupt kein Problem mehr, dass mit Friederike Driftmann eine Frau die Geschicke der Firma Kölln in der 7. Generation maßgeblich bestimmt.

 

Im Gegensatz zur Geschichte der Familie Kölln und deren Firma finde ich

die bewussten Abweichungen in Bezug auf Historie und Familiengeschichte der Privilegierten Apotheke Dr. Knauer, die seit 1737 existiert und eine Elms-horner Institution ist, jedoch zu stark.

 

Fazit: Ich freue mich auf Band 2, der im April 2024 erscheint.

 

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