Das Pensionat an der Mosel 1
Roman
Der Roman spielt im Jahr 1910 im Reichsland Elsaß-Lothringen: gebildet aus Teilen der Landschaften Elsaß und Lothringen, und nach
der Abspaltung von Frankreich als Verwaltungsgebiet des Deutschen
Reiches seit 1871 dem Deutschen Kaiser unterstehend. Das Verhältnis der aus Deutschen und Franzosen bestehenden Bevölkerung ist von Spannungen gekennzeichnet, Orte haben meist einen deutschen und einen französischen Namen. So auch die Garnisonsstadt Diedenhofen / Thionville an der Mosel, wo die aus Metz stammende Lehrerin Pauline Martin ein Pensionat für höhere Töchter leitet.
Die Einrichtung wird wegen seines guten Rufs nicht nur von Mädchen aus dem Elsaß und Lothringen, sondern auch aus Luxemburg, Preußen sowie vereinzelt auch aus Frankreich und sogar Bayern besucht.
Neben der Vermittlung von Wissen ist es Pauline Martins Anliegen, ihre Schützlinge mit Verständnis und Liebe, aber auch der nötigen Strenge nicht nur zu ehrenhaftem Verhalten zu erziehen, sondern aus ihnen auch selbst-bewusste Frauen zu machen, die selbststständig ihren Weg gehen können.
Zu ihren Schülerinnen gehört auch Suzette Manseaux, die Tochter ihrer Cousine aus Avignon. Sie ist mit ihrem ungestümen Temperament ein richtiger Hitzkopf und kann sich nur schwer an Regeln halten.
Das bekommt Pauline Martin wieder einmal zu spüren, als die Jugendliche auf einem Sonntagsspaziergang den preußischen Leutnant Hermann Krüger kennengelernt und sich gleich in ihn verliebt hat. Beide wollen sich nun am Samstag erneut treffen.
Ein Vorhaben, das die Institutsleiterin auf gar keinen Fall dulden kann – sie verbietet Suzette rigoros den Umgang mit dem Mann. Diese jedoch schleicht sich daraufhin heimlich aus dem Pensionat … und kommt nicht wieder zurück.
In größter Sorge bittet Pauline Martin entgegen aller Konventionen den Vorge-setzten Hermann Krügers, Hauptmann Erich von Pliesnitz, um Unterstützung bei der Suche nach ihrer Schülerin. Dem „Capitaine impitoyable“, dem Hauptmann Gnadenlos, widerstrebt die Zusammenarbeit mit einer Frau zwar außerordentlich – aber hier geht es schließlich auch um das Ansehen seiner Truppe.
Dies ist jedoch nicht die einzige Sorge der Lehrerin: Als eines Tages ein gewisser Vincent Lehmann bei ihr auftaucht und seine Dienste als Hand-werker und Gärtner anbietet, stellt sie ihn ein. Bald mehren sich allerdings
die Anzeichen dafür, dass er ein düsteres, möglicherweise sogar gefährliches Geheimnis mit sich herumträgt.
Und Suzettes Zimmergenossin Louise scheint eine schwere Last mit
sich herumzutragen, über die sie jedoch aus Angst vor Repressalien mit niemandem redet.
Resümee: Der Roman ist streckenweise so spannend wie ein Krimi, denn auch der Leser ist in großer Sorge um die verschwundene Suzette, ahnt er doch bald, dass Leutnant Hermann Krüger keine lauteren Absichten hegt. Mit fortschreitender Handlung verdichten sich die Verdachtsmomente, und man hofft, dass sein Vorgesetzter und die Lehrerin über alle Konventionen und Ressentiments hinweg zusammenarbeiten, die Schülerin wohlbehalten finden und ein Unheil verhindern können.
Und was verbirgt Louise? Was für ein Geheimnis trägt sie mit sich herum, mit dem Suzette sie immer wieder erpressen kann? Erst gegen Schluss vertraut sie sich der Pensionatsleiterin an.
Vincent Lehmann, den Pauline Martin als Handwerker und Gärtner eingestellt hat, benimmt sich so verdächtig, dass sogar der Wäschejunge Thomas davon überzeugt ist, dass er keine reine Weste hat.
Durch Andeutungen, die die Autorin – ihr Klarname ist übrigens Maria W. Peter - einfließen lässt, muss man auch von dieser Seite Unheil fürchten.
Stehen letztlich der gute Ruf und gar die Existenz der Einrichtung auf dem Spiel?
Diesem historischen Roman, ich würde ihn sogar als historischen Kriminal-roman bezeichnen – muss eine enorme Recherchearbeit vorausgegangen sein, die sich aber 100 %-ig gelohnt hat. So ist die Handlung in die histo-rischen Gegebenheiten von Elsaß-Lothringen um 1910 eingebettet, die
die Autorin dem Leser in dem Maße vermittelt, wie es fürs Verständnis der Handlungsproblematik nötig ist. Eine längere zusammenhängende Dar-stellung der geschichtlichen Entwicklung der Region kann man in einem Nachwort lesen.
Das der damaligen Zeit entsprechende Agieren der Protagonisten – alle in ihren Wesensmerkmalen klar konturiert - und die Einschübe in französischer Sprache verleihen dem Ganzen die Authentizität.
Sehr hilfreich sind außer einem Übersichtsplan, der die Stadt Diedenhofen / Thionville um 1910 zeigt, eine vorangestellte Liste mit den Akteuren des Romans sowie die nachgestellten Glossare mit Fachbegriffen und den ver-wendeten französischsprachigen Ausdrücken.
Passagen aus Victor Hugos Werk „Les Miserables“ („Die Elenden“), das Pauline Martin im Unterricht behandelt, durchziehen den Roman und weisen Parallelen zu dessen Inhalt auf.
Fazit: Ich freue mich schon auf die Folgebände!
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