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Elmar Traks

Elmar Traks

Abel, Susanne – Stay away from Gretchen (2023)

Eine unmögliche Liebe

Die Gretchen-Reihe, Band 1

Roman

 

Tom Monderath (Mitte 40) ist Anchor-Nachrichtenmoderator bei einem Kölner Fernsehsender. Er ist ständig im Stress, lebt ein Leben auf der Überholspur, in dem nur sein Job und seine Karriere zählen. Eine feste Beziehung oder gar eine eigene Familie kommen in seiner Zukunftsplanung nicht vor. Er bevor-zugt flüchtige Damenbekanntschaften und schnelle One-Night-Stands.

Seine 84-jährige Mutter Greta wohnt zwar ganz in seiner Nähe in Köln-Porz, doch sie hat ihn schon lange nicht mehr persönlich gesehen.

Als sie eines Nachts mit ihrem Auto auf der A3 zwischen Aschaffenburg und Würzburg - 250 km von Köln entfernt - liegen bleibt, kommen den Beamten der Autobahnpolizei Gretas Antworten auf ihre Fragen so wirr vor, dass sie mit ihr direkt ins Klinikum Aschaffenburg fahren.

 

Der untersuchende Arzt konfrontiert den herbeigeeilten Tom Monderath mit der Verdachtsdiagnose Demenz. Der will das nicht wahrhaben, glaubt an eine einmalige Episode und stürzt sich wieder in die Arbeit.

Greta selbst hat zwar zunehmend das Gefühl, dass etwas mit ihr nicht stimmt, tut aber zunächst alles, sich ihre Besorgnis nicht anmerken zu lassen.

 

Tom schaut in der nächsten Zeit häufiger bei ihr vorbei, muss dabei zwar fest-stellen, dass sie manchmal recht tüddelig ist, will aber immer noch nicht an eine Demenzerkrankung glauben.

Doch die Aussetzer seiner Mutter häufen sich, sodass er schließlich der Wahr-heit ins Auge sehen muss, so hart es ihn auch trifft und sein eigenes Leben immer mehr beeinflusst.

 

Parallel zu dieser aktuellen Entwicklung wird in der Rückschau Gretas Leben geschildert:

. Die Flucht als junges Mädchen mit Mutter, Schwester und Großeltern aus Ostpreußen,

. die Ungewissheit über das Schicksal des Vaters, der als Soldat in den Krieg ziehen musste,

. die von wirtschaftlicher Not und Überlebenskampf geprägte Nachkriegszeit in Heidelberg,

. wo sie eine Liebesbeziehung zu dem afroamerikanischen Soldaten Robert eingeht.

. Sie bekommen eine kleine Tochter und

. träumen über alle Rassengesetze hinweg von Heirat und einer gemein-samen Familie.

. Doch Robert kehrt von einer Reise in seine Heimat nicht zurück.

. Greta und ihre Angehörigen bekommen Rassismus und Vorurteile in voller Härte zu spüren,

. ihre Tochter wird ihr schließlich weggenommen.

 

All dies hat Greta gegenüber ihrem Sohn nie thematisiert.

 

Auch als Tom im fortgeschrittenen Stadium von Gretas Erkrankung in ihrer Wohnung das Bild eines dunkelhäutigen kleinen Mädchens findet und seine Mutter danach fragt, blockt diese jedes Gespräch darüber ab. Neugierig geworden, beginnt Tom mit Hilfe seiner Assistentin selbst Nachforschungen anzustellen und einige Kapitel der Vergangenheit seiner Mutter aufzuarbeiten.

 

Die Ergebnisse der Recherchen schockieren ihn zutiefst und haben letztlich auch tiefgreifenden Einfluss auf sein eigenes Leben.

 

Resümee: Die Handlung umfasst 2 Ebenen:

. Die Vergangenheitshandlung erzählt von 1939 bis 1956 chronologisch Gretas Biografie ab ihrem 8. Lebensjahr (siehe Inhaltsangabe).

 

Sie hat mit ihrem Sohn Tom nie darüber gesprochen, ihm sogar die Existenz einer Halbschwester verheimlicht. Erst als er bei ihr zufällig das Fotos eines dunkelhäutigen Mädchens findet, seine Mutter auf Nachfragen beharrlich schweigt, sodass er selbst Nachforschungen anstellt, kommen immer mehr Details über dieses Kapitel in Gretas Leben ans Licht.

 

. Der Gegenwartsstrang spielt in den Jahren 2015 und 2016. Er schildert Toms hektisches Berufs- und unstetes Privatleben sowie den Verlauf von Gretas Erkrankung.

Durch seine Arbeit als Anchor-Nachrichtenmoderator erfährt man auch viel über die damalige politische Situation in Deutschland unter der Regentschaft von Angela Merkel. Sie war von der Flüchtlingskrise, dem Zuzug von Asyl-bewerbern vor allem aus dem Nahen Osten und dem Merkel-Motto „Wir schaffen das“ geprägt.

 

Die Gegenüberstellung von geschichtlicher und aktueller Flüchtlingssituation ist ein genialer Schachzug der Autorin und drängt den Leser zu zahlreichen Vergleichen, die auszuführen den Rahmen dieser Rezension sprengen würde.

 

„Stay away from Gretchen“ als im Buch erwähnter Appell der Army an ihre in Deutschland stationierten Soldaten, sich von deutschen Frauen wegen der Ansteckungsgefahr mit Syphilis fernzuhalten, ist in diesem Wortlaut historisch nicht belegt.

„Don’t fraternize“, „Beware of pretty German girls“ als Warnung, sich mit Deutschen zu verbrüdern, sind dagegen dokumentiert.

 

Man kann diesen Roman mit vielen Adjektiven versehen, z.B:

emotional – aufrüttelnd – berührend – ergreifend – erschütternd.

Gretas Geschichte ist höchst interessant und sogar spannend zu lesen und strahlt trotz aller Schrecken und furchtbaren Erlebnisse so viel positive Ener-gie, Tatkraft, Optimismus aus, als hätte ihre Generation schon das Merkel-Motto „Wir schaffen das“ verinnerlicht.

 

Fazit: Dies ist ein Buch, in dem so viel Inhalt und Gehalt steckt,

   dass man es durchaus noch ein zweites Mal lesen kann / sollte.

 

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