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Elmar Traks

Elmar Traks

Berger, Nora – Königsberger Klopse mit Champagner (2011)

Kurz vor Ausbruch des 2. Weltkriegs lernen sich die Philo-

sophie-Studentin Magdalena von Walden und der Maschinen- bauer Paul Hofmann kennen. Bei einem Segeltörn ins Frische Haff – südwestlich von Königsberg gelegen - kommen sie sich näher, stoßen mit Champagner aus den von Walden'schen Vorräten an

und genießen später in einer einfachen Gaststätte köstlich schmeckende Königsberger Klopse. Von diesem Tag an sind beide unsterblich ineinander verliebt und schwören sich ewige Liebe, wobei die aus gehobenen Verhält- nissen kommende junge Frau sehr wohl weiß, dass ihre Familie die un- standesgemäße Beziehung nicht billigen wird.

Das Schicksal nimmt ihnen jedoch jede weitere Entscheidung ab: Der Krieg bricht aus, und Paul ist stolz, bei der Fliegerstaffel unter General von Richt- hofen ca. 50 km von Moskau entfernt für sein Vaterland kämpfen zu dürfen. Während er anti-jüdisch eingestellt ist, ist Magdalena aktives Mitglied einer studentischen Widerstandsgruppe gegen das NS-Regime. Als sie auch noch Hanna, die jüdische Freundin ihres gefallenen Bruders Lutz, und deren kleinen Bruder auf dem Dachboden ihres Elternhauses versteckt, bringt sie nicht nur sich in Lebensgefahr. Bei einer Hausdurchsuchung durch Hitlers Schergen kann Hanna in letzter Sekunde fliehen. Aber auch Magdalena muss sich fortan außerhalb ihrer Heimatstadt verstecken, denn sie wird von der Gestapo als Volksfeindin gesucht.

Obwohl sich Paul und Magdalena vorher noch während eines verletzungsbe- dingten kurzen Fronturlaubs in Königsberg verlobt haben und so schnell wie möglich heiraten wollen, können sie dieses Vorhaben zu Kriegszeiten nicht realisieren. Im Gegenteil: Im Laufe der Zeit bleiben aus unterschiedlichen Gründen auf beiden Seiten die Briefe aus und immer öfter nagen Zweifel an ihnen, ob der Partner überhaupt noch lebt und den anderen liebt. Außerdem macht es die Bedrohung durch politische Verfolger und die Kriegssituation gelegentlich für beide überlebensnotwendig, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und ein intimes Verhältnis einzugehen – auch wenn sie dem / der Verlobten gedanklich stets Abbitte leisten und eine starke Sehnsucht nach- einander bleibt.

Und immer wieder geraten Paul und Magdalena in lebensgefährliche Situa- tionen, wünschen nichts mehr als eine „heile Welt“, ein Leben in Sicherheit und Vertrautheit frei von Angst.

Zu Hause in Königsberg nimmt der Krieg ihnen das meiste: Beide Eltern- häuser werden zerbombt, viele Familienangehörige sterben. Und Paul und Magdalena verlieren durch die Entwicklungen, Fehlinformationen und -inter- pretationen nach und nach auch das letzte Fünkchen Hoffnung auf eine ge- meinsame Zukunft.

Resümee: Wie schon der Roman „Bratkartoffeln und Rote Beete“ von Nora Berger (Rezension vom 30. August) beruht auch dieser auf Schilderungen von Zeitzeugen, vor allem auf Tagebuch-Aufzeichungen eines Kriegsteil- nehmers, die er der Autorin zur Verfügung stellte.

Auch für das vorliegende Werk gilt das bereits im Resümee des oben er- wähnten Buches Gesagte: Es besticht durch eine exzellente Sprache und anschauliche Schilderung der jeweiligen Situationen.

Auch hier spürt der Leser wieder hautnah die Gefahren und den Irrsinn des Krieges für Soldaten und Zivilisten gleichermaßen:

Verletzungen, Krankheit, Tod, Zerstörung, Hass, Intrigen, Verfolgung, Angst, Hoffnungs- und Mutlosigkeit sind allgegenwärtig und bedrohen das Leben aller.

Aber es gibt auch Lichtblicke: Hilfsbereitschaft, Menschlichkeit, Dankbar- keit, Zuneigung, Liebe, kleine und große „Wunder“ spenden Zuversicht

und Hoffnung.

Und immer bangt, leidet, hofft und freut sich der Leser mit.

So betroffen dieses Werk macht, so spannend ist es zu lesen.

 

Mit „Bratkartoffeln und Rote Beete“ und „Königsberger Klopse mit Cham- pagner“ hat Nora Berger zwei sehr persönliche und bewegende Werke ge- schrieben, die beide auf den Erinnerungen verschiedener Zeitzeugen des

2. Weltkriegs beruhen … und sich dennoch inhaltlich sehr unterscheiden.

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Kommentare: 1
  • #1

    Nora Berger (Freitag, 06 September 2013 11:12)

    Liebe Annette, lieben Dank für Deine genaue und ausgesprochen gut geschriebene Rezension. Ich schätze es sehr, wie Du Dich mit dem Thema auseinandergesetzt hast und freue mich, dass es LeserInnen wie Dich gibt!
    Herzlichst
    Nora Berger