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Webmaster u.v.a.m.

Elmar Traks

Elmar Traks

The place to be: Hinterland oder Küste?

Leute, die beabsichtigen, an die Costa del Sol zu ziehen, fragen in den entsprechenden regionalen Foren oft um Rat, wo es denn besser sei zu leben: im Hinterland - also in einem der vielen „weißen Dörfer“ bzw. ihrer ländlichen Umgebung, auch Campo genannt - oder an der Küste.

 

Diese Frage kann man nicht generell beantworten, sondern die Entscheidung hängt von sehr vielen Faktoren ab, nicht zuletzt von individuellen Vorlieben, Alter und Gesundheit.

Die Vorteile eines Lebens im Campo sind aus unserer Sicht folgende:

 

. die Ruhe – jedenfalls in den tourismusschwachen Monaten. Im Sommer dagegen sind viele Fincas im Campo von Touristen, Residenten und stadt-flüchtigen Spaniern belegt. Viele – besonders Ferienhausgäste - leben sich dann mit (Pool-) Partys bis in die frühen Morgenstunden aus. Die damit verbundenen Äußerungen von Lebensfreude und lauter Musik, die nicht jedermanns Geschmack trifft, stören manchmal die Nachtruhe. Aber selbst dann ist es im Campo noch ruhiger als im angrenzenden Ort, wo Live-Musik bis weit nach Mitternacht, Ferias und knatternde Mopeds an der Abend- /Nachtordnung sind.

Ein anderer Nebeneffekt ist, dass der Ort zu touristischen Spitzenzeiten

total überlaufen ist – mit all den damit verbundenen Problemen, siehe auch „Kinder,wie die Zeit vergeht!“ unter „Alltagsimpressionen“ (Link anklicken).

 

. die Natur: Man kann spazierengehen, wandern, joggen, radfahren u.v.a.m. Das alles, sobald man aus der Haustür tritt, also ohne unbedingt mit dem Auto hinausfahren zu müssen.

Auch für Garten- und Tierliebhaber ist das Leben im Campo ideal.

 

. die Temperaturen sind generell 3 bis 5 Grad niedriger als an der Küste und es weht meist ein leichter Wind. Das ist im Sommer sehr angenehm; wir sind immer froh, wenn wir nach einer Tour an die Küste wieder auf unserer Finca sind.

Im Winter jedoch wird es hier oft empfindlich kalt, sodass man unbedingt eine Heizmöglichkeit benötigt.

 

. das nachbarschaftliche Miteinander: Man kennt, trifft und hilft sich und tauscht bei der Gelegenheit Informationen aus. Hat man jemanden längere Zeit nicht gesehen, wird nachgefragt. Andererseits wird aber auch respektiert, wenn man lieber Abstand halten oder sich zurückziehen und seine Ruhe möchte. Privatsphäre ist also garantiert.

 

. eine gewisse Unabhängigkeit: Die Infrastruktur an der Costa del Sol hält

mit der wachsenden Bevölkerungs- und Touristenzahl nicht Schritt. Dies gilt besonders für die Wasserversorgung in den Sommermonaten. Dann muss das Leitungswasser rationiert werden – besonders extrem nach regen-schwachen Wintermonaten. Und das geschieht natürlich im Campo wesent-lich häufiger als im Dorf oder an der Küste, denn man kann ja z.B. Hotels

und Restaurants nicht einfach das Wasser abdrehen.

Allerdings besitzt nahezu jedes Haus im Campo ein Wasserdepot von mehreren Tausend Litern. Damit lassen sich auch längere Ausfälle über-brücken. In einer Stadtwohnung hingegen kann bereits ein Ausfall von mehreren Stunden (Toilette!) problematisch sein.

 

. die Freiheit: Wenn man in einem freistehenden Haus mit Land drumherum wohnt, fühlt man sich nicht in einer Wohnung eingesperrt – man kann jeder-zeit schnell mal „vor die Tür“ gehen und ist in der Natur. Für kleine Kinder

ist es ideal, wenn sie nach Herzenslust draußen spielen und bei warmen Temperaturen im Pool toben können.

Zwar haben viele Wohnanlagen an der Küste Gemeinschaftspools, diese unterliegen jedoch Nutzungsbedingungen.

Nachteile eines Lebens im Campo:

 

. Man benötigt ein Fahrzeug, selbst um in den nahen Ort zu gelangen – zum Einkaufen, zu Behörden, Apotheke, abendlichen Vergnügungen und und und. Alternativ steht einem ein Taxi-Service zur Verfügung.

Auch für Fahrten an die Küste muss man mobil sein. Diese gehen meist eine kurvenreiche Bergstrecke hinab, und obwohl 25 km wie bei uns keine große Distanz sind, bedeutet das meist eine Fahrt von 40 Minuten. Gerade im Alter, wenn Energie und gesundheitliches Befinden nachlassen, ist das oft lästig … oder auch, wenn man mal schnell ins Krankenhaus muss.

Ist der Wagen in der Werkstatt, bedeutet das eine starke Einschränkung in

der Mobilität, da man nicht ohne Weiteres irgendwo hinkommt. Mit Glück bekommt man einen „lift“ von den Nachbarn, oder man muss eine Taxe rufen – es sei denn, man verfügt selbst über ein 2. Gefährt.

Ein Bus fährt zwar an die Küste und auch nach Málaga, jedoch recht selten pro Tag. Er legt sehr viele Stopps ein, sodass eine Fahrt entsprechend lange dauert.

 

. Die Einkaufsmöglichkeiten im zum Campo gehörenden Dorf sind natürlich nicht vergleichbar mit den großen Supermärkten an der Küste (z.B. Aldi, Lidl, Mercadona), sodass sich gelegentliche Küstenfahrten gar nicht vermeiden lassen.

 

. Die Pflege von Haus und Grundstück macht einem in der Regel wenig aus, wenn man jünger und handwerklich einigermaßen talentiert ist. Im Alter benötigt man immer mehr professionelle Hilfe, vor allem auch im oft steilen, unebenen Campo-Gelände, wenn die Fitness nachlässt.

 

. Freizeitaktivitäten werden für Jung und Alt zwar angeboten, jedoch auf dörflicher Basis und nicht in dem Maße wie an der Küste. Und: siehe oben – man benötigt einen fahrbaren Untersatz.

 

. der Schulbesuch ist im Dorf oft nur für die unteren und mittleren Klassen möglich, weiterführende Schulen gibt es meist nur an der Küste (Hinweis: auch hier müssen die Eltern einen Fahrdienst leisten).

Vorteile des Lebens an der Küste:

 

. Man braucht nicht unbedingt ein Auto: Viele Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants usw. sind in fußläufiger Entfernung.

Es existiert in der Regel ein gut getakteter inner- und außerörtlicher Bus-fahrplan und auch mit einer Taxe ist man schnell und relativ kostengünstig

am Ziel.

Man kann z.B. abends spontan ein Restaurant besuchen und auch Alkohol trinken, ohne an die Rückfahrt bei Dunkelheit über die kurvige Bergstrecke denken zu müssen.

 

. Aktivitäten: In den Küstenorten ist im Prinzip immer etwas los, besonders zu Feiertagen, an den Wochenenden und in der warmen Jahreszeit. Das ist auch für Eltern sehr bequem, wenn sie nicht unbedingt Chauffeur spielen müssen. Vor allem ältere Jugendliche haben mit öffentlichen Verkehrsmitteln die Möglichkeit, auch in größere Ort zu gelangen – oft gibt es auch Nachtbusse.

 

. Wie bereits oben erwähnt, sind die Temperaturen verglichen mit dem Hinterland immer 3 – 5 Grad höher, was natürlich besonders in der kälteren Zeit von Vorteil ist. Heizung und dicke Winterkleidung braucht man selten.

Über viele Monate kann man daher das Strandleben genießen – auch spontan nach Feierabend, ohne dass man sich erst mit dem Auto aufraffen muss.

Nachteile des Lebens an der Küste:

 

. die Wohnsituation: Meist lebt man in einer Miet- oder Eigentumswohnung dicht an dicht mit Nachbarn. Die einzelnen Wohneinheiten sind oft sehr hellhörig, sodass man nicht nur sanitäre Geräusche, sondern auch einiges vom Privatleben mitbekommt. Privatheit kann also nicht garantiert werden.

Hinzukommt: Die Parkplatzsituation ist v.a. im Sommer fast überall an der Küste katastrophal, oft auch vor der eigenen Haustür – glücklich, wer einen der raren Tiefgaragenstellplätze hat.

Lebt man in einer Eigentumswohnung im Hochhaus oder in einer Urbanización, ist man an die Regeln der Eigentümergemeinschaft gebunden, darf also z.B. nicht ohne Weiteres Veränderungen vornehmen und muss sich an Hausregeln halten.

 

Ansonsten gilt das unter „Vorteile des Lebens im Campo“ Gesagte mit umgekehrten Vorzeichen (also: geringere Ruhe, weniger Natur und individuelle Freiheit sowie nachbarschaftliches Miteinander)

 

Wir (Ende 60, Anfang 70) haben für uns seit einigen Jahren einen Kompromiss gefunden:

Wir möchten die Vorteile unserer Finca im Hinterland nicht missen – vor allem die Ruhe und die Natur. Gleichzeitig merken wir jedoch, dass die Fahrten an die Küste beschwerlicher werden und, sofern nicht unbedingt notwendig, oft unterbleiben.

Daher mieten wir für ein paar Wochen immer mal wieder eine Wohnung an der Küste, direkt am Wasser – aber tunlichst nicht im Sommer. Dies nutzen wir auch, um z.B. regulär notwendige ärztliche Check-ups zu bündeln und durchführen zu lassen, Behördenangelegenheiten zu erledigen, die nicht in unserem Dorf möglich sind, und den Tag mit einem Restaurantbesuch und Spaziergang am Wasser ausklingen zu lassen.

Danach freuen wir uns dann jedes Mal wieder auf unsere Finca im ruhigen Hinterland in der Natur.

 

Siehe auch meinen Beitrag "Auswandern?"

 

© Annette Traks