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Webmaster u.v.a.m.

Elmar Traks

Elmar Traks

Vom Wesen der Spanier (3)

Spanier sind faul? Nein! Diese Ansicht gehört bei vielen Ausländern wohl zu einem der unausrottbaren Vorurteile über Südländer generell. Sie arbeiten in allen Bereichen ebenso fleißig wie Angehörige anderer Nationalitäten – die einen mehr, die an- deren weniger. Allerdings sind sie oft anders organisiert, was einige Deutsche nicht verstehen oder doch zumindest akzeptieren können. Und nebenbei: Wer wie im Moment bei ca. 40 Grad 8 Stunden lang z. B. auf dem Bau arbeitet, der ist wohl kaum als faul zu bezeichnen; ich bezweifle, ob z.B. die Mehrheit der Deutschen bereit wäre, dies zu leisten. Die ein oder andere Zusatzpause sei den Arbeitern da von Herzen gegönnt.

Dass in der größten Mittagshitze Siesta gehalten wird, das ist keine Faulheit, sondern Überlebensstrategie – selbst wir „Rentner“ pflegen auf diese Weise der körperlichen Belastung durch die Wärme zu entfliehen.

Kennzeichnend für die spanische Arbeitsweise ist, dass man mit einem neu- en „Projekt“ oft sehr schwungvoll beginnt – um dann ganz stark nachzulas- sen und auf „Normalmaß“ herunterzukommen.

 

Auch die Detail-Verliebtheit vieler Spanier ist auffällig:

Wenn wir manchmal denken, endlich sei eine bauliche Maßnahme beendet, dann legt der Spanier sich noch mächtig ins Zeug, um etwas „más bonito“ (schöner) zu machen und strahlt am Schluss stolz: „Muy bonito!“ (sehr hübsch). - Das Gleiche gilt für die Anlage von Straßenbepflanzungen, Feria-Deko u.v.a.m. - Eigenartigerweise zählt im Campo aber nur, was nützlich ist, d.h. Ertrag liefert. Schöne Sachen, wie z.B, Blumen, blühende Büsche wer- den ruckzuck gerne rausgerissen - „no vale!“ (das ist nichts wert).

 

Nein, die Spanier sind nicht arbeitsscheu – manchmal aber entsetzlich un- organisiert. Da wissen z.B. Handwerker ganz genau, welche Arbeiten zu erledigen sind, kommen aber ohne geeignetes Material oder Werkzeug an und müssen dann erst einmal wieder losfahren, um es zu besorgen. Andere geben schnell auf, wenn die Arbeit nicht ohne Komplikationen  vonstatten geht und man nicht sofort eine Lösung findet, siehe hierzu auch „Paket- dienste“ unter „Alltags-Impressionen“.

 

Das Falscheste, was man als manchmal genervter Betroffener machen kann, ist, einen Spanier in die Enge zu treiben, ihm kein Schlupfloch aus einer misslichen Situation oder argumentativen Sackgasse zu bieten. Damit er- reicht man nur das Gegenteil: Er blockt, es läuft gar nichts mehr und die Schuldzuweisung wird pervertiert, auch wenn es noch so skurril anmutet.

Ein Spanier ist nämlich NIE an einer unerfreulichen Situation schuld, es

sind immer die anderen oder die misslichen Umstände – auch, wenn das Gegenteil noch so offensichtlich ist.

Auch sollte man ihm nie die eigene Lösungsmöglichkeit aufzwingen – das schafft keine gute Atmosphäre – man muss es nach Möglichkeit so geschickt anpacken, dass der Spanier zum Schluss das Gefühl hat, er sei selbst auf diese geniale Lösung gekommen.

Hinzukommt, dass die Informationspolitik der Spanier ein Graus ist! Den ganzen lieben langen Tag hängen sie am Handy, aber ein Klient oder Kunde wird über den aktuellen Stand oder Fortschritt von Arbeiten nicht informiert. Genervte Nachfragen - möglicherweise auch noch wiederholte! - bringen nur selten etwas – denn siehe oben: Wenn man es nicht äußerst geschickt an- packt, fühlt sich der Spanier schon wieder genötigt und blockt. So hat man als Außenstehender oft das Gefühl, es tut sich nichts, der Spanier kümmert sich nicht (obwohl hinter den Kulissen oft alles seinen spanischen Gang nimmt) – und das Vorurteil vom faulen Spanier bekommt wieder Nahrung.

 

Die meisten männlichen Spanier sind nach außen hin die coolen bzw. stolzen Machos – sie regeln alles, können alles, haben alles im Griff. Hier gilt noch das alte Rollenbild, das wir Deutsche aus Schillers „Lied von der Glocke“ kennen:

Der Mann muß hinaus
In's feindliche Leben,
Muß wirken und streben
Und pflanzen und schaffen,
Erlisten, erraffen,
Muß wetten und wagen,
Das Glück zu erjagen.
Da strömet herbei die unendliche Gabe,
Es füllt sich der Speicher mit köstlicher Habe,
Die Räume wachsen, es dehnt sich das Haus.
Und drinnen waltet
Die züchtige Hausfrau,
Die Mutter der Kinder,
Und herrschet weise
Im häuslichen Kreise … 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die spanische Mentalität für den Neu-Immigranten in vielen Punkten sicher gewöhnungsbedürftig ist, sie ihn, gerade weil sie so konträr zur deutschen ist, vielfach auch auf die Palme bringt. Mit zunehmender „Einbürgerungs-Dauer“ ist sie jedoch zumindest für uns  immer liebenswerter geworden –

gelegentliche Rückschläge inbegriffen!!

 

© Annette Traks